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Unglaublich, aber wahr: So sehr müssen Tiere für Fake-Rettungsvideos auf Social Media leiden

Tierrettung ist ein unglaublich wichtiges Thema. Doch diese wird auf Social Media immer wieder für Klicks und Ruhm missbraucht.

Hund
© Karoline Thalhofer - stock.adobe.com

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Wenn wir auf Social Media ein Tierrettungsvideo sehen, verdrücken einige von uns sicherlich das ein oder andere, emotionale Tränchen. Viele dieser Inhalte zeigen immer wieder, wie wichtig Tierschutz und dessen Organisationen sind. Allerdings verstecken sich hinter den Rettungen immer häufiger Fakes – Tierrettungsvideos, die nur inszeniert wurden, um Klicks, Ruhm und Lobeshymnen einzuheimsen.

Dafür werden Tiere mit Absicht und ohne ersichtlichen Grund gequält – was ein riesiges Problem ist. Die Welttierschutzgesellschaft e.V. (WTG) hat sich genau mit diesem Thema auseinandergesetzt und aufbereitet, wie diese „Fake-Rescues“ entstehen und wie man sie erkennen kann.

Trigger Warnung: In diesem Artikel werden Themen wie Tiermisshandlung und Tierleid behandelt. Einige Fotos und Inhalte in diesem Artikel können auf manche Menschen verstörend wirken. Bitte lies nur weiter, wenn du dich dazu in der Lage fühlst.

Anika ist selbst Hundemama.

Unsere Autorin Anika ist mit ihrem Hund Sherlock das Dream-Team schlechthin. Alle Tipps und Tricks, die Anika in ihren Artikeln gibt, sind deshalb Hunde-approved und vorher gemeinsam mit Sherlock ausprobiert worden.

„Fake Rescues“: So beliebt sind die Fake-Tierrettungsvideos auf Social Media

„Tiere in Gefahrensituationen bringen, um sie dann heldenhaft zu retten: Videos solcher inszenierten Rettungen (Fake-Rescues) erreichen in den sozialen Netzwerken eine Reichweite im Milliardenbereich“, so die Welttierschutzgesellschaft e.V. (WTG) in einer Pressemitteilung.

Die WTG analysierte zusammen mit der SOCIAL MEDIA ANIMAL CRUELTY COALITION (SMACC) dafür über 600 Videos auf Facebook, TikTok, Youtube und Co. und fand heraus, welche verschiedenen Arten von Fake-Tierrettungsvideos im World Wide Web kursieren. Die Videos nehmen nicht nur zu, sie haben auch unglaublich viele Aufrufe: „Die Daten von SMACC zeigen, dass allein 605 Fake-Rescue-Videos zusammen über 572.013.959 Aufrufe hatten. Einige einzelne Videos hatten allein rund 155.000.000 Aufrufe“, so der Bericht.

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Was genau steckt hinter den „Fake Rescues“?

Die Fake-Tierrettungsvideos charakterisieren sich laut den Forschungsunternehmen wie folgt:

Bei so genannten inszenierten Rettungen, im Folgenden „Fake-Rescues“, werden Tiere unnötig verletzt, gestresst oder Risiken ausgesetzt. Diese Videos können realistisch wirken, aber leider werden die beteiligten Tiere ausgebeutet, ihnen wird geschadet und sie leiden nur für den Zweck von Social-Media-Inhalten. Der Inhalt wird den Zuschauer*innen als echte Rettung eines Tieres in Not präsentiert.

Welttierschutzgesellschaft im SMACC (Social Media Animal Cruelty Coalition) Spotlight Report „Betrug auf Kosten der Tiere: Inszenierte Tierrettungen (Fake Rescues) auf Social Media“.

Ersteller:innen von „Fake Rescues“ sind keine Mitglieder von Tierschutzorganisationen, sondern Einzelpersonen, „die Interaktion auf Social-Media-Plattformen
suchen und manchmal von Spenden und der Monetarisierung ihrer Inhalte durch Werbung
profitieren wollen.“ Die Rede ist hier nicht nur von harmlosen Tierrettungen, sondern von Fällen, wo Kätzchen mit Absicht verwahrlost und misshandelt wurden, um dann heroisch gerettet zu werden oder von Hunden, die in Plastikbeutel gesteckt wurden.

Der akute Stress, der mit einer Fake-Rescue einhergeht, birgt nicht nur das Risiko schwerer Verletzungen oder gar des Todes, sondern kann auch die geistige und körperliche Gesundheit der Tiere unmittelbar oder langfristig stark beeinträchtigen.

Welttierschutzgesellschaft im SMACC Spotlight Report.

Welche Arten von Fake-Tierrettungsvideos gibt es? Die Top 3 der häufigsten

Das Problem: Es gibt viele, unterschiedliche Arten der Fake-Tierrettungsvideos, die sich durch unterschiedliche Dinge charakterisieren. Die häufigsten Arten von „Fake Rescues“ stellen wir dir im Folgenden genauer vor:

1. Verlassen

Das häufigste Thema der Fake-Tierrettung ist die Darstellung von Tieren, die anscheinend verlassen wurden, ohne Zuhause sind oder allein in der Wildnis gelassen wurden. Betroffen sind hier vor allem junge Tiere, die vermeintlich verletzt und allein auf dem Boden liegen. Im Video ist oft ein Text eingeblendet, der die Fake Rescue-Geschichte des Tieres untermauert. Zudem zeigt das Video das leidende Tier über einen längeren Zeitraum, bevor eingegriffen wird.

Echte Tierschützer*innen würden nicht zulassen, dass ein Tier länger als nötig leidet, und würden das Tier sofort retten, anstatt die Not und Situation des Tieres ausführlich zu dokumentieren.

Welttierschutzgesellschaft im SMACC Spotlight Report.

Diese Art von Fake-Tierrettungsvideos macht 30,9 Prozent der insgesamt 1.022 Links aus. Am häufigsten findet sich diese Art der Fake Rescues auf Youtube.

Hund in Tüte
Dieser Hund wurde mit Absicht in eine Tüte gesteckt. Foto: © Bildschirmaufnahmen von SMACC

2. Gefangen / Feststeckend

Bei dieser Art von Fake-Tierrettungsvideos handelt es sich um Tiere, die unter einem Gegenstand eingeklemmt sind (bzw. mit Absicht eingeklemmt wurden) und kämpfen, wieder frei zu kommen. Die gleichen Objekte, die das Tier gefangen halten, sind in verschiedenen Videos zu sehen, sodass klar ist, dass die Fake Rescues hier sogar nachgeahmt werden. Der Inhalt soll den Eindruck erwecken, dass der/die „Retter:in“ das Tier zufällig gefunden haben.

Fake-Rescue
Diese Katze wurde mit Absicht in diese Situation gebracht. Foto: © Bildschirmaufnahmen von SMACC

Diese Art von Fake-Tierrettungsvideos macht 28,8 Prozent der gesammelten Links aus. Am häufigsten findet sich diese Art der Fake Rescues auf Facebook.

3. Tierangriffe und Kämpfe

Auch gestellte Tierangriffe gehören zu Fake-Tierrettungsvideos, die am häufigsten vertreten sind. In diesen werden vor allem kleine Tiere in die Nähe eines Raubtieres (z.B. Schlangen oder Adler), um dann von ihren „Retter:innen“ in letzter Sekunde in Sicherheit gebracht zu werden. Das Setting ist hier oft sehr ähnlich, das Beutetier wurde klar erkennbar in die Situation gebracht.

Diese Situationen würden in der Natur nur sehr selten vorkommen und sind deshalb höchst unwahrscheinlich. Trotzdem machen diese Art von Fake Rescues ganze 15,7 Prozent der dokumentierten Links aus.

Weitere Arten von Fake-Tierrettungsvideos

Neben den drei häufigsten Arten von Fake-Tierrettungsvideos, gibt es noch eine Reihe anderer Fake Rescues, die wir hier trotzdem noch kurz erwähnen wollen:

  • medizinische Behandlungen: Gezeigt werden Tiere mit offensichtlichen Verletzungen oder Krankheiten, die eine tiermedizinische Behandlung brauchen. Die Person wird dabei gefilmt, wie sie diese Behandlungen durchführt.
  • am Ertrinken: Hier sieht man Tiere, die nicht aus Gewässern entkommen können und verzweifelt schimmen, um nicht zu sinken oder zu ertrinken.
  • unnatürlicher Befall von Organismen: In diesen Videos werden Tiere gezeigt, die scheinbar von äußerlichen Parasiten wie Zecken befallen wurden; man sieht hier, wie das Ungeziefer von der/dem „Retter:in“ entfernt werden.
  • Vergraben: Bei diesen Fake Rescues wurden Tiere im Boden, im Sand oder im Schlamm vergraben; der Kopf des Tieres ist dabei oft über dem Boden.
  • Rettung aus unwahrscheinlichen Situationen: Hierbei handelt es sich um Szenarien, die so im wirklichen Leben sehr unwahrscheinlich wären oder offensichtlich gefälscht sind.
Frau rettet Katze
Bei dieser Fake-Tierrettung „rettet“ eine Frau eine Katze vorm Ertrinken. Foto: © Bildschirmaufnahmen von SMACC

Indikatoren von Fake-Tierrettungsvideos: So erkennst du die Fake-Rescues

Die Fake-Tierrettungsvideos zu erkennen kann für das ‚ungeschulte‘ Auge eine riesige Herausforderung sein; immerhin wird hier auch mit den Emotionen der Zuschauer:innen gespielt, sodass der rationale Verstand oft in den Hintergrund rückt. Genau deshalb sollte man laut des SMACC-Berichtes drei Schritte befolgen, die sich „A-R-E“ nennen: „Authentizität – Realitätscheck – Erstellung“.

1. Authentizität

  • Keine echte Tierschutzorganisation ist beteiligt: Treten die Erstellenden als authentische Tierschützer:innen auf oder sind mit einer entsprechenden Organisation verbunden?
  • Seite / Account hat mehrere Fake-Tierrettungsvideos: Accounts, die Fake-Rescues teilen, haben oft viele Videos dieser Art. Prüfe hier, ob es Informationen oder Nachverfolgungen zu den Tieren, den Rettenden oder der Organisation dahinter gibt.
  • Professionalität des Verhaltens: Tragen die gezeigten Personen angemesse oder professionelle Rettungsausrüstung oder Alltagskleidung? Wirkt die medizinische Einrichtung eher zweckmäßig oder offiziell? Hast du das Gefühl, dass der Ort absichtlich versteckt wird?
  • Die rettende Person ist immer dieselbe: Bei Fake Rescue-Accounts ist es oft dieselbe Person, die die „Tierrettungen“ durchführt.

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2. Realitätscheck

  • Unwahrscheinlich, dass es sich um eine zufällige Begegnung handelt, die mit der Kamera aufgenommen wurde: Hinterfrage die Situation kritisch und wie wahrscheinlich diese im ‚echten Leben‘ ist; hat man wirklich immer die Kamera am Laufen, wenn man ‚zufällig‘ ein Tier in Not findet?
  • Das gleiche Tier in mehreren Inhalten: Oft werden Tiere wiederholt für Fake Rescue-Videos missbraucht und sind deshalb in verschiedenen Fake-Tierrettungsvideos zu sehen.

3. Erstellung von Inhalten

  • Hilfe für das Tier wird verzögert, um die Situation zu filmen: Wenn man ein Tier in Not findet, denkt man doch als letztes daran, die Situation zu filmen, richtig?
  • Klares Schneiden von Videos und mehrere Kamerawinkel: Viele Fake-Tierrettungsvideos zeigen eine sehr professionelle Produktion mit einer klaren Bearbeitung durch die Erstellenden mit verschiedenen Kamerawinkeln.

Fake-Tierrettungsvideo auf Social Media gefunden? So reagierst du in 5 Schritten

Nun weißt du ungefähr, wie man ein Fake-Tierrettungsvideo auf Social Media erkennen kann. Doch was ist zu tun, wenn man auf eines stößt? Einfach ignorieren? Nicht ganz. Auch hierfür hat der SMACC-Bericht eine Guideline in fünf Schritten:

  1. Aufmerksam sein: Eigne dir Kenntnisse über Tierquälerei an und lerne, diese zu erkennen.
  2. Nicht ansehen: Schaue dir die verdächtigen Videos nicht an; das Erhalten von Aufrufen macht sie noch populärer, verbreitet sie zusätzlich und macht sie dadurch auch potenziell profitabler.
  3. Nicht interagieren: Kommentiere oder Like die Posts nicht; Interaktion steigert die Popularität.
  4. Nicht teilen: Teile niemals Videos zum Thema Tierquälerei, auch nicht zu Informationszwecken. Ohne Reichweite verlieren die Erstellenden den Anreiz, Inhalte zu erstellen.
  5. Melden: Melde verdächtige Videos immer an die jeweilige Plattform oder direkt an SMACC über das Online-Formular.

Die 5 Schritte von SMACC wurden auf der Grundlage von Kenntnissen über die
Algorithmen von Social Media entwickelt, um die Verbreitung von grausamen Inhalten einzuschränken und die Plattformen darauf aufmerksam zu machen.

Welttierschutzgesellschaft im SMACC Spotlight Report.

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