Wir haben schon oft über die Ungleichheit und Ungerechtigkeit geschrieben, die nach wie vor auf dem Arbeitsmarkt herrscht. Jedoch ist es weniger die Theorie, über die sich gestritten wird, sondern die Umsetzung, an der es hapert. Eine Expertin hat aus diesem Grund eine ganz neue Idee ins Spiel gebracht, um Bewerbungsgespräche fairer zu gestalten. Wir stellen sie dir vor.
Das erwartet dich zum Thema „Bewerbungsgespräch“:
Wieso besteht immer noch eine Gender Pay Gap?
Per Definition versteht man unter dem Gender Pay Gap die geschlechterspezifische Lohnlücke zwischen Mann und Frau. Diese liegt in Deutschland ungefähr bei sechs Prozent, wenn man alle Variablen wie Alter, Berufsgruppe, Arbeitserfahrung und Qualifikation mit einberechnet.
Dass wir bis heute eine solche Lücke zwischen der Bezahlung von Mann und Frau haben, liegt an verschiedenen Punkten. Zum einen werden typische „Frauenberufe“ häufig schlechter bezahlt als typische „Männerberufe“ – ganz egal, ob beispielsweise eine ähnliche Ausbildungsdauer Voraussetzung ist. Zum anderen sind Frauen allerdings auch bis heute mit Vorurteilen konfrontiert und werden deshalb seltener eingestellt. Schwangerschaften, Krankheiten und zu geringe Belastbarkeit sind alles Scheingründe, die Führungskräfte vorschieben, um keine Frauen einzustellen.
Um dieser Ungerechtigkeit entgegenzuwirken, hat die Expertin und Professorin Annette von Alemann einen Vorschlag. Wir stellen ihn dir vor.
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Bewerbungsgespräche: Künftig nur noch hinter einem Vorhang?
Die Idee, nur noch anonymisierte Bewerbungen zuzulassen, ist nicht mehr ganz so neu und wird in vielen Unternehmen bereits praktiziert. Bei solchen Bewerbungen wird auf Foto, Name und Geschlecht der Bewerbenden verzichtet und lediglich auf die Qualifikationen geschaut. In vielen Ländern ist diese Art der Bewerbung bereits gang und gäbe, in Kanada sind andere Bewerbungen sogar verboten. Jedoch wird immer wieder kritisiert, dass sich die Diskriminierung dadurch nur hinauszögert, bis sich Bewerber:in und Führungskraft gegenübersitzen. Gegen dieses Problem soll ein Bewerbungsgespräch mit Vorhang helfen.
Die Professorin Annette von Alemann erklärt, dass Forschungen ergeben haben, wie wirkungsvoll ein solches Instrument ist. Schon vor zwanzig Jahren wurden in einem Experiment anonymisierte Bewerbungsgespräche für ein Symphonieorchester durchgeführt. Bei diesen Gesprächen wurden deutlich mehr Frauen eingestellt, als bei solchen, die nicht verdeckt stattfanden.
Sind anonyme Bewerbungsgespräche praktikabel?
In der Theorie ist ein weitestgehend anonymisierter Bewerbungsprozess ohne Zweifel am besten. Jedoch gibt es in der Praxis einige Dinge, an denen es scheitert. So verrät beispielsweise oftmals unsere Stimme, ob es sich um Mann oder Frau handelt. Auch Fragen zum Werdegang können die Anonymität des Bewerbers oder der Bewerberin angreifen. Am Ende kommt es also immer darauf an, wie wichtig ein anonymer Bewerbungsprozess wirklich für das Unternehmen ist. Wenn sie es darauf anlegen, herauszufinden, ob es sich um Mann oder Frau handelt, werden sie es sicher schaffen.
Wie so oft geht es um die intrinsische Motivation, die Arbeitswelt zu einem besseren, gerechteren Raum zu machen. So wird es wahrscheinlich nicht funktionieren, wenn es eine Vorschrift gibt, nur noch anonymisierte Bewerbungsgespräche durchzuführen.