Frauen müssen mehr verdienen, in Führungspositionen öfter repräsentiert werden und Geschlechterrollen sind ohnehin überholt. So weit, so einleuchtend. Corona erhöht die Dringlichkeit der Forderungen jedoch deutlich.
Um zu verstehen, warum die Forderungen gut begründet sind und warum Frauen die Gewinner der Coronakrise werden könnten, lohnt sich ein kleiner Blick auf den Arbeitsmarkt.
Ungleichheiten werden durch Corona deutlich
Unsere Arbeitswelt wird umgewälzt. Das liegt zum Ersten an der steigenden Digitalisierung und Automatisierung. Die werden nicht von heute auf morgen kommen, sondern in Schüben und laut einer Studie des McKinsey Instituts in Deutschland 9 Millionen Arbeitsplätze vernichten.
Den Pessimisten wird der Wandel allerdings nicht gerecht. Durch den technologischen Fortschritt und dem Entstehen neuer Berufe werden wiederum 14 Millionen neue Stellen prognostiziert. Laut der Studie sind Frauen und Männer gleichermaßen betroffen.
Die Coronakrise ist ein solcher Schub, der zusätzlich die Ungleichheiten und Mängel des Arbeitsmarktes für Frauen und Männer offengelegt hat. Neue Technologien wachsen gerade in dieser Krise rasend schnell.
Das Problem: Männer sind in zukunftsweisenden MINT-Bereichen überrepräsentiert, Frauen vor allem im Niedriglohnsektor. Das Klatschen für Pflegekräfte und Kassiererinnen zahlt weder die Miete, noch bekämpft es die wachsenden Lohnunterschiede.
Lockdown, Home Office, Kinderbetreuung – Neue, alte Geschlechterrollen
Sind die großen Verlierer der Krise also weiblich? Diese drei Gründe zeigen, dass sogar das Gegenteil der Fall ist!
1. Geschlechterrollen werden überwunden
Frauen hatten am meisten mit der Doppelbelastung zu kämpfen. Auf dem rechten Bein der Laptop, auf dem linken Bein der Nachwuchs. Multitasking als Voraussetzung. Dass die Entwicklungen sogar positiv für Frauen sind, hätte so schnell niemand gedacht.
Tatsächlich ist laut der Initiative Chefsache die Akzeptanz für Maßnahmen für mehr Chancengleichheit insbesondere bei Führungskräften gestiegen. Und: Männer übernehmen während der Pandemie häufiger Verantwortung im Haushalt.
Die alten Geschlechterrollen gleichen sich an. Nicht mehr die Frau steht am Herd, auch der Mann schwingt öfter den Kochlöffel, spielt mit den Kindern, räumt auf, macht die Wäsche, kurzum: Er verbringt mehr Zeit mit der Familie.
2. Frauen sind krisensicher
Weltweit werden gerade einmal 15 von 193 Ländern von einer Frau regiert. Die geringe Anzahl ist jedoch lange nicht das Auffälligste. Neben Deutschland zählen dazu unter anderem Island, Dänemark, Finnland und Norwegen, sowie Neuseeland und Taiwan. Gerade zur Coronakrise stechen gerade diese Länder durch niedrige Infektionsraten und wenige Todesfälle hervor. Zufall?
3. Frauen sind Erfolgsgaranten
Eine Analyse von McKinsey drückt die Ungerechtigkeit über das Fehlen von Frauen in den Chefetagen in Zahlen aus. Unternehmen mit vielen beschäftigten Frauen haben eine 25 % höhere Wahrscheinlichkeit überdurchschnittlich profitabel zu sein. Dabei wird nur jedes 14. große Familienunternehmen von einer Frau geführt. Bei unter einem Drittel dieser Unternehmen sitzt überhaupt eine Frau in der Geschäftsführung.
4. Frauen besitzen zukunftsträchtige Fähigkeiten
Der Politikwissenschaftler Daniel Dettling ist in einem Gastbeitrag im Handelsblatt überzeugt, dass Corona die Arbeitswelt umkrempelt. Laut ihm verfügen Frauen über Fähigkeiten, die in Zukunft gefragter denn je werden.
Dazu gehören Selbstdisziplin, Selbstorganisation und der Umgang mit sich ändernden Situationen, Unsicherheiten und Komplexität. Auch in Sachen emotionale Intelligenz, Kommunikations-Intelligenz und Netzwerk-Intelligenz sind sie ihren männlichen Kollegen voraus.
Verdienen Frauen in 20 Jahren mehr als Männer?
Das World Economic Forum schätzte Ende 2019, dass sich der Gender Gap erst in 99 Jahren schließen wird. Dettling ist sich nicht nur sicher, dass Corona diesen Zeitraum schrumpft, er meint auch, dass die Frauen bereits in 20 Jahren mehr verdienen werden als Männer.
Dettling liegt nicht nur bei den Fähigkeiten richtig, er unterstreicht auch die Studien von McKinsey und Co. Trifft die Prognose ein, würden wir über das Ziel hinausschießen. Nun wissen wir ohnehin leider, dass gesellschaftliche Entwicklung zäh ist und sich zeitlich ganz schön ziehen kann. Ob nach Corona alles so ist, wie es vorher war, oder ob die Pandemie tatsächlich der heraufbeschworene Fortschrittskatalysator ist, bleibt abzuwarten.
Mehr über die ungerechte Bezahlung?
Die harten Fakten zum Geschlechter-Ungleichgewicht haben wir hier.
Gender Pay Gap: Wir verraten dir, was Männer tun können, damit Frauen mehr verdienen.
Außerdem: Darum sind Start-Up Gründerinnen in der Minderheit.