Nach einem tragischen Schicksalsschlag erlebte ich eine Phase, in der ich mein Lachen verlor, die Tage nur noch grau waren und die Einsamkeit bei mir einzog. In dem immer wiederkehrenden Strudel aus Zweifeln und Ängsten frage ich mich: Brauche ich eine Therapie? Oder ist das, was ich fühle, noch „normal“? Um das einzuschätzen, haben mir die folgenden Anhaltspunkte sehr geholfen.
Unsere Autorin Anna Chiara setzt sich ehrenamtlich als Erfahrungsexpertin für die Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen ein und klärt über Themen rund um mentale Gesundheit und Resilienz auf.
Brauche ich eine Therapie? Die Anzeichen
- Brauche ich eine Therapie? 10 deutliche Anzeichen
- 1. Du hast Vertrauensprobleme
- 2. Du fühlst dich einsam und isoliert
- 3. In dir steckt viel Wut
- 4. Irgendetwas stimmt nicht mit dir
- 5. Dich plagen negative Gedanken
- 6. Angst und Panik treten auf
- 7. Ein vergangenes Trauma kommt hoch
- 8. Du siehst deine Zukunft nicht mehr
- 9. Alles, was du tust, fühlt sich sinnlos an
- 10. Dir wurde dein Leben genommen
Brauche ich eine Therapie? 10 deutliche Anzeichen
Natürlich sind wir alle individuell und gehen ganz unterschiedlich mit Problemen und Schicksalsschlägen um. Merkst du jedoch, dass du deinen Alltag nicht mehr bestreiten kannst, weil du immer wieder in eine Gedankenspirale hineinrutscht, könnte eine Psychotherapie hilfreich sein.
Die Entscheidung, ob du dich in therapeutische Behandlung begibst, liegt natürlich ganz allein bei dir. Wenn jedoch von den folgenden Anzeichen eines oder mehrere auf dich zutreffen, solltest du darüber nachdenken, dich einer Psychologin oder einem Psychologen anzuvertrauen.
1. Du hast Vertrauensprobleme
Steckst du gerade in einer seelischen Krise und kämpfst dich durch das Leben, ist es nicht ungewöhnlich, dass du Schwierigkeiten damit hast, dich anderen Menschen zu öffnen. Oft fühlen wir uns von Außenstehenden verurteilt, missverstanden und nicht akzeptiert. Die Folge: Vertrauensprobleme entstehen. Das schadet langfristig deinen Beziehungen – egal, ob sie familiärer, freundschaftlicher oder romantischer Natur sind.
2. Du fühlst dich einsam und isoliert
Wer Vertrauensprobleme hat und sich nicht öffnen kann, zieht sich bewusst oder unbewusst zurück. Wird der Kontakt immer weniger, steigt der Eindruck, niemand würde sich für dich interessieren. Das führt so weit, dass du dich nicht mehr gewürdigt und wertgeschätzt fühlst. In einer Psychotherapie stärkst du deinen Selbstwert und lernst, Situationen und das Verhalten der Personen in deinem Umfeld neu zu bewerten.
3. In dir steckt viel Wut
Dein Puls ist auf 180 und dein Herz schlägt wie verrückt, wenn du an diese eine bestimmte Person denkst? Ob Wut, Enttäuschung oder Schmerz – deine Emotion könnte auf ein tragisches Ereignis zurückzuführen sein, welches du in einer Psychotherapie aufarbeiten kannst.
Fakt ist: Deine Gefühle möchten gefühlt werden! Und gerade weil Wut eine starke Emotion ist, die wir manchmal nicht kontrollieren können, kann professionelle Hilfe hier ratsam sein, um einen gesunden Umgang mit der Wut zu finden und Frieden zu finden.
4. Irgendetwas stimmt nicht mit dir
Manchmal fühlen wir uns irgendwie komisch, anders oder sogar „falsch“. Wer ein Trauma durchlebt hat oder andere mentale Krisen durchmachen musste, bekommt schnell das Gefühl, er oder sie sei nicht „normal“. Brauche ich eine Therapie deswegen?
Eine Psychotherapie kann dir dabei helfen, dem Gefühl auf den Grund zu gehen, ihm einen Rahmen zu geben und wieder den Weg zu dir selbst zu finden. Du lernst, mit herausfordernden Situationen auf deine Weise umzugehen und stärkst deine Resilienz.
5. Dich plagen negative Gedanken
Du bereitest dich stets auf den Worst Case vor und reitest dich immer tiefer in eine Gedankenspirale aus Sorgen und Ängsten? Das zu beobachten, ist schon mal ein großer Schritt. Wenn du dich sogar leer fühlst und glaubst, gar nichts mehr spüren zu können, steht der Verdacht einer Depression im Raum.
Umso wichtiger ist es für dich jetzt, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. In der Gesprächstherapie sprichst du mit deinem Therapeuten oder deiner Therapeuten offen über deine Gedanken, findest du die Ursache heraus und erlernst Möglichkeiten, dich aus der Gedankenspirale zu befreien.
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6. Angst und Panik treten auf
Spinnenphobie, Höhenangst – alles nichts, was unbedingt therapiert werden muss. Doch wenn die Angst irrational wird und tägliche Dinge zur Herausforderung werden, ist die Frage „Brauche ich eine Therapie“ wahrscheinlich zu bejahen. Du könntest dabei sein, eine Angststörung zu entwickeln, sodass du früher oder später eine Panikattacke durchleben wirst.
In einer Verhaltenstherapie lernst du, wie du während einer Panikattacke trotzdem Ruhe und einen klaren Kopf bewahren kannst, um dich mittels Atemübungen aus der Situation herauszuholen. Gemeinsam ermittelt ihr die Gründe der Angst und könnt auch die zugrundeliegende Phobie therapieren.
7. Ein vergangenes Trauma kommt hoch
Einige Menschen erleben in ihrer Kindheit ein traumatisches Ereignis, wie einen Unfall oder einen Todesfall, den sie nicht verarbeiten können und der sich bis ins Erwachsenenalter auswirkt. Wiederkehrende Symptome wie Kopf-, Magen- oder Brustschmerzen deuten darauf hin.
Hinzu können auch Angstzustände, Drogen- oder Alkoholmissbrauch, Selbstverletzungen oder exzessive Gewalttätigkeit kommen. Um mit deiner Vergangenheit abzuschließen und das Trauma aufzuarbeiten, ist eine Psychotherapie hilfreich. Es gibt viele Therapeuten und Therapeutinnen, die sich auf die Traumatherapie spezialisiert haben.
8. Du siehst deine Zukunft nicht mehr
Tust du dich schwer damit, langfristige Pläne zu machen und Entscheidungen zu treffen? Die Vorstellung davon, wie dein Leben weitergeht und deine Zukunft verblassen immer mehr. In einer Psychotherapie erfährst du, wie du große Ziele in kleinere Ziele unterteilst, sodass du sie auch erreichen kannst. Du lernst, dich wieder auf das zu konzentrieren, was dir im Leben wichtig ist und einen neuen Fokus zu setzen. Das bringt mehr Gelassenheit und Gleichgewicht in deine Welt.
9. Alles, was du tust, fühlt sich sinnlos an
In diesem Fall bezieht sich die Aussichtslosigkeit nicht nur auf die Zukunft, sondern auch auf die Gegenwart. Du fühlst sich leer, traurig, antriebslos und weißt nicht mehr, wofür es sich zu kämpfen lohnt. Egal, was du tust, dir fehlt in allem der Sinn und die Motivation.
Auf die Frage „Brauche ich eine Therapie“ kannst du getrost mit einem „Ja“ antworten. Die Expertin oder der Experte hilft dir dabei, nicht alles zu glauben, was sich dein Gehirn alles ausmalt. Stück für Stück lernst du, wieder Sinn in den Dingen zu erkennen und deinem Leben wieder Bedeutung beizumessen.
10. Dir wurde dein Leben genommen
Sind wir ausgelaugt, wissen wir manchmal gar nicht, wer wir selbst eigentlich sind und wo unsere eigenen Bedürfnisse geblieben sind. Anstatt es allen anderen recht zu machen, ist es Zeit, an dich zu denken und eine Psychotherapie zu beginnen, in der du dein Leben wieder selbst in die Hand nimmst.
Hoffnungslosigkeit führt nämlich dazu, dass wir das Gefühl bekommen, unser Leben sei uns von unseren Mitmenschen genommen worden und wir würden nur noch für andere existieren. Nein – es ist dein Leben, worüber du allein bestimmen kannst! Diese Freiheit wiederzuerlangen, ist ein wunderbares Gefühl, glaub mir.