Hast du schon mal von Co-Narzissmus gehört? Ein komplexes Thema, welches oft nicht die Beachtung bekommt, die es verdient hätte. Denn während wir uns eher für den Narzissten selbst interessieren, fallen die Menschen, die unter ihrem Einfluss leiden, häufig hinten runter. Dabei brauchen genau diese Personen Hilfe.
Unsere Autorin Anna Chiara setzt sich ehrenamtlich als Erfahrungsexpertin für die Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen ein und klärt über Themen rund um mentale Gesundheit und Resilienz auf.
Defintion von Co-Narzissmus
Stell dir vor, du bist in einer Beziehung – egal, ob in einer Freundschaft oder Partnerschaft – und alles dreht sich um die Bedürfnisse und Wünsche der anderen Person. Genau das ist Co-Narzissmus. Es ist, als ob du ständig im Schatten des oder der anderen stehen würdest.
In diesem Fall spielst du als Co-Narzisst die Rolle des „Unterstützers“, der den selbstverliebten Narzissten befeuert und bewundert. Die Narzisstmus-Expertin Chris Oeuvray spricht gegenüber dem Focus sogar von einer metaphorischen Sklaverei. Der Co-Narzisst unterwirft sich dabei dem Narzissten.
Wie äußert sich Co-Narzissmus?
Typische Anzeichen oder Verhaltensweisen von Co-Narzissmus lassen sich nicht pauschal benennen. Häufig haben Betroffene Schwierigkeiten, ihre Stimme zu erheben und ihre Meinung zu sagen. Sie haben Angst, etwas falsch zu machen und versuchen immer, es dem Narzissten recht zu machen, um Harmonie zu schaffen und Konflikte zu vermeiden. Somit machen sie sich emotional von ihrem Gegenüber abhängig und scheinen ihm oder ihr zu „dienen“.
Zwischen Unterwerfung und Angst
Tatsächlich sieht es oft so aus, als ob Co-Narzissten sich unterwerfen. Warum tun sie das? In der Regel würden Betroffenen alles tun, um dem Narzissten zu gefallen und von ihm geliebt zu werden. Ihre eigenen Bedürfnisse und Gefühle werden dabei komplett vernachlässigt. Die Gefahr: Sie verlieren auf Dauer den Bezug zu sich selbst und existieren nur noch für ihren Partner oder ihre Partnerin. Das ist nicht immer nur Unterwerfung. Manchmal steckt auch die Angst dahinter, allein zu sein oder abgelehnt zu werden.
Sind Co-Narzissten manipulativ?
Jetzt wird’s etwas knifflig. Co-Narzissten sind nicht unbedingt manipulativ im klassischen Sinn. Aber, und das ist ein großes Aber, manchmal nutzen sie unbewusst bestimmte Verhaltensweisen, um Aufmerksamkeit und Liebe zu bekommen. Das ist aber meistens keine böse Absicht, sondern eher ein Hilferuf. Der Narzisst hingegen manipuliert den Co-Narzissten, indem er seine Bedürftigkeit erkennt und diese zu seinem Vorteil ausnutzt.
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Ist Co-Narzissmus heilbar?
Die gute Nachricht: Ja, Co-Narzissmus ist heilbar! Allerdings ist es ein langer Weg, der Zeit und oft professionelle Hilfe braucht. Der erste Schritt ist es, dass Co-Narzissten sich ihrer Situation bewusst werden und ihre toxische Beziehung als solche erkennen. Danach geht es darum, das eigene Selbstwertgefühl zu stärken und zu lernen, eigene Grenzen zu setzen.
Das ist ein Prozess, der Mut und Geduld erfordert. Zudem entsteht aber auch die notwendige Kraft, sich aus dem co-narzisstischen Verhältnis zu lösen. Dazu braucht es ein tiefer Verständnis zum eigenen Selbst und das Befreien von langjährigen, gewohnten Verhaltensmuster. Aber es lohnt sich, denn am Ende steht ein selbstbestimmteres Leben.