Veröffentlicht inPsychologie

Hemingway-Effekt: Mit diesem Trick hast du nie wieder eine Schreibblockade

Du steckst inmitten einer Schreibblockade? Erfahre hier, wie du mit dem Hemingway-Effekt wieder produktiv wirst.

Frau Schreibtisch
Hast du häufiger mal Schreibblocken? Wir verraten, wie dir der Hemingway-Effekt dagegen helfen kann. Foto: canva.com/ The Yaroslav Shuraev Collection

Vor rund einem Jahr schrieb ich meine Masterarbeit – und verzweifelte daran nicht nur einmal. Obwohl ich grob wusste, was ich schreiben möchte, saß ich viel zu häufig vor meinem Laptop und hatte eine Schreibblockade. Fast schien es mir, als würde der blinkende Cursor auf dem leeren weißen Untergrund mich verspotten. Dann las ich jedoch vom sogenannten Hemingway-Effekt und setzte dem ein Ende! Wie auch du mithilfe dieses kleinen Tricks Arbeitsblockaden lösen kannst, erfährst du jetzt.

Schreibblockaden lösen mit dem Hemingway-Effekt

So ausgeschlafen, konzentriert und motiviert wir auch sind – manchmal haben wir das sprichwörtliche Brett vorm Kopf. In solchen Momenten sitzen wir vor einer Mail und wissen nicht, wo wir anfangen sollen oder haben ein wichtiges Projekt mit zeitnaher Deadline vor uns und kommen dennoch nicht voran.

Solche Arbeitsblockaden werden gerne der Prokrastination zugeschrieben, bei der man Aufgaben so lange aufschiebt, bis man sie gar nicht mehr oder auf den letzten Drücker erledigt. So weit muss es allerdings gar nicht erst kommen, wenn man sich den sogenannten Hemingway-Effekt zu Nutzen macht.

Benannt ist dieser Trick nach dem weltbekannten amerikanischen Schriftsteller Ernest Hemingway. Der Überlieferung nach soll ihn ein Kollege einst gefragt haben, wie man einen Roman zu Ende bringen kann. Hemingway soll daraufhin gesagt haben: „Am besten hört man immer dann auf, wenn es gut läuft und man weiß, wie es weitergeht. Wenn Sie das jeden Tag tun, werden Sie nie stecken bleiben.“

Weiterlesen: Wie du Prokrastination außerdem hinter dir lassen kannst, erfährst du hier.

Mittendrin aufhören, um besser reinzukommen

Hemingway brachte einzelne Kapitel oder Sätze demnach bewusst nicht zu Ende, nur um am nächsten Tag nicht stecken zu bleiben. Als ich von diesem Trick las, verstand ich zum ersten Mal, warum ich zumeist zum Beginn eines neuen Kapitels meiner Masterarbeit steckenblieb. Ich hatte schlicht keine Ahnung, wohin mich dieses Kapitel führen wird. Steckte ich jedoch einmal mitten im Kapitel, schrieb sich die Arbeit wie von selbst.

Ich zwang mich daraufhin immer häufiger einzelne Absätze inmitten meiner Schreibphase abzubrechen, statt sie komplett fertigzustellen. Und siehe da: Kehrte ich nach einer Pause zurück an meinen Schreibtisch, fand ich tatsächlich schneller wieder in den Schreibprozess. Auch in meinem Job mache ich mir den Hemingway-Effekt zunutze. So schreibe ich Texte zumeist nicht in einem Rutsch, sondern in Etappen.

Frau Laptop
Mut zur Lücke! Wer mittendrin aufhört, weiß danach besser, wie es weitergeht. Foto: Imago Images/ Addictive Stock

Wie die Wissenschaft den Ernest Hemingway Effekt bestätigte

Bereits die russische Wissenschaftlerin und Psychologin Bljuma Wulfowna Zeigarnik bewies im Jahr 1927, dass wir uns besser an Aufgaben erinnern, wenn diese noch offen sind. So beobachtete sie in einem Café, dass eine Kellnerin sich alle noch offen Bestellungen merken konnte. Sobald die Tische jedoch bedient waren, hatte sie keine Ahnung mehr, was die Personen bestellt hatten.

Das veranlasste die Psychologin zu einem Experiment: Hier zeigte sich, dass sich die Proband:innen der Gruppe besser an ihre gestellten Aufgaben erinnerten, die vor der Fertigstellung unterbrochen wurden. Die Wissenschaftlerin erklärte sich das damit, da bei Nichterfüllung einer Aufgabe ein interner Druck sowie der Wunsch entsteht, sie fertigzustellen. Mehr zum sogenannten Zeigarnik-Effekt liest du hier.

Hemingway-Effekt: Mit diesem Trick hast du nie wieder eine Schreibblockade

Hemingway-Effekt: Mit diesem Trick hast du nie wieder eine Schreibblockade

Du steckst inmitten einer Schreibblockade? Erfahre hier, wie du mit dem Hemingway-Effekt wieder produktiv wirst.

Davon hängt die Motivation für deine Aufgabe ab

Wenngleich Ernest Hemingway bereits im frühen 20. Jahrhundert lebte, wurde der Hemingway-Effekt erst im Jahr 2018 in einem Experiment bewiesen. Forscher:innen rund um Yoshinori Oyama und Emmanuel Manalo zeigten hier mit 260 Studierenden auf, dass man vor allem dann motiviert ist, eine Aufgabe zu beenden, wenn man sie bereits zur Hälfte absolviert hat.

Die Forscher:innen erklärten sich das damit, weil unser Gehirn dazu neigt, Dinge vollendet zu wissen. Tatsächlich ist der Hemingway-Effekt von einigen Faktoren abhängig. Nicht jede Aufgabe lässt sich nach der Hälfte unterbrechen und danach motiviert fortführen.

Ob der Hemingway-Trick greift, ist abhängig von folgenden Faktoren:

  1. Wie motiviert und interessiert jemand für die Aufgabe ist. Ohne Motivation und Lerneffekt sinkt die Wahrscheinlichkeit der Fertigstellung.
  2. Wie viel Text offen ist. Mehr als die Hälfte wirkt extrem motivierend.
  3. Wie es um die Hoffnung auf Erfolg bestellt ist. Wie optimistisch ist man, die Aufgabe erfolgreich zu Ende zu stellen? Wer optimistisch ist, ist eher bereit, die Aufgabe zu beenden.
Frau schreibt
Wer einmal die Hälfte geschafft hat, ist meist dazu geneigt, etwas zu Ende zu stellen. Foto: Imago Images/ Addictive Stock

So gelingt der Hemingway-Effekt in der Praxis

Der Hemingway-Trick klingt in der Theorie überzeugend. Wie aber kann man ihn praktisch anwenden, um tatsächlich produktiver zu arbeiten?

  • Der Hemingway-Effekt eignet sich vor allem für Projekte, denen du motiviert und optimistisch gegenüber eingestellt bist. Es sollte sich um herausfordernde, nicht aber überfordernde Aufgaben handeln. Eine Abschlussarbeit, in der du zeigen sollst, was du gelernt hast, ist dafür ein gutes Beispiel.
  • Die Aufgabe sollte gut zu strukturieren sein, um Teilziele hinter sich zu bringen. In einem Rutsch 80 Seiten Abschlussarbeit schreiben, ist unrealistisch. Ebenso ist es unrealistisch, schnell die Hälfte von 40 Seiten hinter sich zu bringen. Wichtig ist es daher, das Großprojekt in Teilziele aufzuteilen.
  • Wer sich beispielsweise ein Teilkapitel vornimmt, sollte versuchen, dieses nach etwas mehr als der Hälfte einfach liegenzulassen und erst nach einer Pause wiederzukehren. So kann der Hemingway-Effekt auch bei großen Projekten angewandt werden. Verliere dabei aber nie dein Ziel aus den Augen.
  • Scheitert der Hemingway-Effekt zunächst, muss man die Teilaufgaben noch knapper und überschaubarer fassen.

Womöglich fragst du dich jetzt, wie der Hemingway-Effekt gelingen soll, wenn man eine knappe Deadline hat. Das Stichwort hier lautet: Selbstorganisation. Versuche dennoch, mittendrin den Stift fallenzulassen oder klappe den Laptop zu. Die Pausen lässt du hierbei einfach kürzer ausfallen!

Und für all diejenigen, die den Trick ganz alltäglich nutzen wollen, haben wir auch einen Hinweis: Setzt euch am besten zunächst an Aufgaben, die bereits weiter fortgeschritten sind, statt Neues zu starten.

Ähnliche Artikel: