Jeder Mensch hat schon einmal in seinem Leben gelogen. Dabei handelt es sich meistens um Notlügen, um aus bestimmten Situationen herauszukommen oder andere Menschen zu beschützen. Doch es gibt auch Menschen, die krankhaft lügen und an der sogenannten Lügensucht leiden. Was dies genau bedeutet und welche Anzeichen es hierfür gibt, erklären wir dir in diesem Artikel.
Alles zum Thema „Lügensucht“:
Was versteht man unter Lügensucht?
„Mythomanie (auch Lügensucht, Pseudologia phantastica) ist die systematische Tendenz eines Menschen zu lügen und zu fabulieren, ohne dass es ihm tatsächlich bewusst wird. […] Den Betroffenen fällt es [meist] schwer, reale Erlebnisse von imaginären Vorstellungen zu unterscheiden. Der Begriff geht auf das Wort Mythos zurück.“ So beschreibt das Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik den Begriff der Lügensucht.
Bei der Lügensucht handelt es sich also um Lügen, die sehr abwegig klingen und uns trotzdem mit voller Ernsthaftigkeit präsentiert werden. Es kann also ein Zwangsverhalten beschrieben werden, bei dem das Lügen (im Gegensatz zu den ’normalen‘ Lügen) keinen persönlichen Vorteil bringt – außer sein eigenes Selbstbild zu stärken oder dem eigenen Narzissmus zu folgen.
Lügensucht: Hier hat sie ihren Ursprung
Woher die Lügensucht in einzelnen Menschen kommt, ist immer wieder ein umstrittenes Thema, genauso wie die Frage, ob die Mythomanie als eigenständig psychiatrische Erkrankung anerkannt werden sollte. Eine Studie aus dem Jahr 1988 forschte zum (medizinischen) Ursprung der Lügensucht und fand heraus, dass 40 Prozent der bekannten Fälle der Mythomanie Abnormalitäten des zentralen Nervensystems aufwiesen, wie Epilepsie, ADHS, Kopftraumata und weiteres.
Dies bedeutet, dass es durchaus Hinweise darauf gibt, dass die Gehirne der krankhaften Lügner:innen andere Eigenschaften aufweisen, als die, die sich nur ’normaler‘ Lügen bedienen. Doch auch äußere Einflüsse in der Erziehung können für die Lügensucht verantwortlich sein. So gaben 30 Prozent der Teilnehmer:innen der Studie an, dass sie „ein chaotisches häusliches Umfeld [hatten], in dem ein Elternteil oder ein anderes Familienmitglied eine geistige Störung aufwies“.
Die Lügensucht kann also aus schwierigen häuslichen Umständen geboren sein und als ein Resultat für eine schwierige Vergangenheitsbewältigung gesehen werden. Die Lügen sind demnach eine Manifestation des Wunsches, sich vor der unerträglichen Realität selbst zu schützen. So entwickeln die Lügenden eine eigene, ihnen angenehmere Wirklichkeit.
Krankhafte Lügen vs. Normale Lügen
Wir haben nun schon häufiger von ’normalen‘ Lügen gesprochen. Doch wie stehen sie im Zusammenhang zu den krankhaften Lügen der Lügensucht? Zu den ’normalen‘ Lügen gehören Notlügen in Situationen, die uns peinlich sind oder sonst harte Konsequenzen haben. Außerdem können wir mit diesen Notlügen auch andere Menschen beschützen und handeln in diesem Fall auch nicht zu unserem Vorteil.
Eine andere Art der ’normalen‘ Lügen sind die sozialen Lügen, um unangenehme Wahrheiten nicht auszusprechen. Dazu zählen auch Ausreden, um Verabredungen sausen zu lassen, weil man einfach keine Lust hat oder sich gerade nicht gut genug fühlt.
Warum lügen Menschen krankhaft?
Wir haben schon vorher den Grund für das krankhafte Lügen angeteasert: Das Entfliehen der eigenen Realität und das im Mittelpunkt stehen. Menschen, die unter der Lügensucht leiden, lügen meistens mit einem wahren Kern. Sie erfinden eine Geschichte rund um eine Wahrheit, verzetteln sich aber oft in ihren Lügen, während die Zuhörenden oft den Überblick über die Geschichten verlieren – wie auch die von Lügensucht betroffenen Personen selbst.
Die krankhaften Lügner:innen möchten mit ihren Unwahrheiten ihr Geltungsbedürfnis befriedigen. Die Betroffenen fühlen sich (aufgrund einer schwierigen Kindheit zum Beispiel) minderwertig und kompensieren dies durch Geschichten, in denen sie im Mittelpunkt stehen.
4 Anzeichen für Lügensucht: Diese verraten dir, ob jemand krankhaft lügt
Nachdem du nun weißt, was genau der Begriff der Lügensucht umfasst, möchten wir dir ein paar Anzeichen mit an die Hand geben, die krankhafte Lügner:innen verraten können. Bemerkst du also eins dieser Anzeichen bei deinem Gegenüber, lohnt es sich genauer hinzuhören und nach der eigentlichen Wahrheit zu suchen.
1. Die Aussagen widersprechen den Fakten
Menschen, die unter der Lügensucht leiden, verzetteln sich in ihren eigenen Unwahrheiten. Das führt dazu, dass bestimmte Aussagen gegebenen Fakten widersprechen. Natürlich entwickeln die Lügner:innen oft eine professionelle Strategie, um ihrem Gegenüber die Geschichte zu verkaufen, doch irgendwann werden auch die krankhaften Lügner:innen nicht mehr durchsehen können.
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2. Die erzählten Ereignisse kommen dir erschreckend bekannt vor
Hat dir schon einmal jemand etwas erzählt und du hast dich gefragt, woher dir diese Geschichte so bekannt vorkommt? Das rührt oft daher, weil sich die an Lügensucht erkrankten Menschen nicht immer die Mühe machen, eigene Geschichten zu erzählen, sondern aufgeschnappte Erlebnisse anderer einfach als ihre ausgeben. Die Geschichte wird vielleicht geringfügig geändert, die Fixpunkte bleiben aber gleich.
3. Dein Gegenüber hält intensiven Augenkontakt beim Lügen
Während andere Menschen beim Lügen ihrem Gegenüber nicht in die Augen sehen können, sieht das bei krankhaften Lügner:innen komplett anders aus. In einem gewöhnlichen Gespräch schweift unser Blick häufiger in der Umwelt herum, doch die Menschen, die an Lügensucht leiden, lassen ihr Gegenüber nicht aus dem Blick, da sie ihre Reaktion ablesen möchten, um die eigene Story noch mehr auszubauen.
4. Der krankhaft Lügende leckt sich häufiger über die Lippen oder zeigt andere körperliche Auffälligkeiten
Auch wenn die krankhaft Lügenden ihr Spiel mit den Unwahrheiten spezialisiert haben, können sie nicht alles kontrollieren. Dazu gehören unbewusste körperliche Signale, die schwer manipulierbar sind und die durch die Konzentration auf das Gesagte nicht beachtet werden. Bei erfundenen Stellen ändert sich in der Regel die Tonlage des Sprechenden. Das führt zu einem erhöhten Adrenalinspiegel, welcher wiederum zu Durst führt. Und dieses Durstgefühl lässt die Betroffenen von Lügensucht oft über ihre eigenen Lippen lecken.
Lügensucht: Eine ernstzunehmende Erkrankung
Die krankhaften Lügner:innen können in den meisten Fällen nicht direkt etwas für ihr notorisches Lügen. Grund ist meistens eine traumatische Kindheit oder ein minderes Selbstwertgefühl. Wichtig ist es also, mit Menschen, die durch die Lügensucht belastet werden, zu sprechen und zu kommunizieren. Lass sie wissen, dass du nicht an unehrlichen Gesprächen interessiert bist oder welche Konsequenzen diese Lügen in ihrem eigenen Leben haben können. Verurteile allerdings die Lügensucht nicht oder stelle den anderen bloß – meistens sind hier tiefere, seelische Verletzungen die Ursache, die oft psychologisch aufgearbeitet werden müssen.