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Reframing: Wie du mit einem Perspektivwechsel sofort glücklicher wirst

Bewährte Verhaltensmuster beschränken die Perspektive und dein Glück. Wir zeigen dir, wie die bewährte Reframing-Methode klappt!

Zwei Frauen stehen vor einem Rahmen
© FOTO Getty Images

Expertin Caro Gugu: Von Selbsthass zu Selbstliebe | wmn

Plus Size-Expertin Caro Gugu erklärt im Interview, warum man sich einmal im Leben nackt fotografieren sollte.

Wie wir die Welt sehen, bestimmt unser Kopf. Bewährte Gedanken- und Verhaltensmuster beschränken unsere Perspektive darauf – die oftmals negativ geprägt ist. Ein neuer Blickwinkel kann dabei helfen, glücklicher durchs Leben zu gehen. Wir zeigen, wie das Reframing funktioniert!

Perspektivwechsel: „Wer weiß, wozu es gut ist“

Es ist eine Frage der Perspektive – davon handelt eine alte chinesische Geschichte. Sie erzählt von einem Bauern, der in Besitz eines Pferdes war. Da er mit diesem das Feld pflügen und Lasten befördern konnte, galt er als vermögend im armen Dorf, in dem er lebte. Doch eines Tages lief sein Pferd davon. Die benachbarten Bewohner:innen kamen zum Bauern und erzählten ihm, wie schrecklich das sei. Der Bauer entgegnete: „Wer weiß, wozu es gut ist.“

Nur wenige Tage später kehrte das Pferd mitsamt zwei Wildpferden zurück. Die Bewohner:innen sprachen ihre Freude über diese günstige Fügung des Schicksals aus. Darauf antwortete der Bauer: „Wer weiß, wozu es gut ist.“ Bereits am nächsten Tag versuchte der Sohn des Bauern, eines der Wildpferde zu zähmen. Doch als er rittlings auf dem Rücken des Pferdes saß, warf dieses ihn ab. Beim Sturz brach er sich beide Beine.

Die Bewohner:innen bekundeten ihr Mitgefühl, doch auch diesmal entgegnete der Bauer: „Wer weiß, wozu es gut ist.“ Nicht mal eine Woche später eilten Rekrutierungsoffiziere ins Dorf. Es bahnte sich ein Krieg im angrenzenden Königreich an und die Offiziere verlangten nach jungen Männern, die der Armee dienen sollten.

Nur der Sohn des Bauern wurde dank seiner Verletzung nicht zum Armeedienst einberufen. Wieder kamen die Bewohner:innen zum Bauern und sagten ihm, was er doch für ein Glück habe. Die Antwort des Bauern lautete: „Wer weiß, wozu es gut ist.“

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Evolutionärer Blickwinkel: Was ist der Negativitätsbias?

Wir Menschen neigen dazu, Situationen und Ereignisse zu werten, ihnen ein Rahmen zu verpassen. Nicht selten schenken wir dabei der negativen Sichtweise mehr Aufmerksamkeit als der positiven. Dieses Phänomen ist als Negativitätsbias oder auch Negativitätseffekt bekannt und auf unseren Ur-Instinkt zurückzuführen.

Evolutionär gesehen war diese Sichtweise von Vorteil: Denn negative Reize schnell zu erkennen und zu bewerten, half unseren ältesten Vorfahren, mögliche Bedrohungen zu überleben. Im heutigen Leben sind wir deutlich seltener solchen Gefahren ausgesetzt. Dennoch tragen wir diese Denkart weiter in unserer DNA – insbesondere in stressigen Lebensphasen.

Wie auch bei unseren Vorfahren in Gefahrsituationen fokussiert sich unser Hirn primär auf die Versorgung lebenswichtiger Prozesse. Sprich, der Organismus befindet sich in einem Zustand der ständigen Alarmbereitschaft. Dabei setzt der Präfontale Cortex in Teilen aus und rationale Denkprozesse können schwieriger verarbeitet werden. Deshalb malen wir uns in solchen Momenten oftmals diverse Worstcase-Szenarien aus.

Das Phänomen sorgt über Stressphasen hinaus dafür, dass negative Erfahrungen und Gedanken länger im Gedächtnis bleiben und einen größeren Einfluss auf unser Empfinden und Verhalten haben. Dies führt meistens zu einer Verzerrung der Wahrnehmung und pessimistischen Grundhaltung. Reframing kann dabei helfen, negative Gedanken loszuwerden.

Frau hält Spiegel vor ihr Gesicht
Die Außenwelt ist Spiegel unseres Inneren: Unsere Sichtweise ist von individuellen Erfahrungen geformt. Foto: FOTO Getty Images

Wie geht Reframing?

Negativen Situationen einen neuen Rahmen, einen positiven Sinn geben – darum geht es bei Reframing. Das heißt nicht, pseudooptimistisch zu sein, sondern vielversprechende Aspekte zu erkennen und Situationen so einen positiven Kontext zu verleihen. Reframing ist Teil des neurolinguistischen Programmierens, kurz NLP, das sich mit unserer Informationsverarbeitung im Gehirn befasst.

Oftmals weisen unsere Denkmuster einen Rahmen (frame) auf, die unsere Wahrnehmung und Interpretationsfreiraum einschränken. Das äußert sich in unserer gesamten Kommunikation wie der Wortwahl und Körpersprache. Das Ergebnis ist eine eingegrenzte subjektive Weltanschauung, die wir aber durch Techniken wie Reframing öffnen können.

Es sind nicht die Dinge selbst, die uns beunruhigen, sondern die Vorstellungen und Meinungen über die Dinge.

Philosoph Epiktet 125 n. Chr.

Wenn wir die Außenwelt von innen heraus betrachten: 2 Beispiele

Auch wenn wir Informationen aus der Außenwelt beziehen, sind sie keinesfalls ein Abbild dieser. Denn unsere visuelle Aufnahmefähigkeit lässt keine nahtlose Aufnahme der Informationen zu – allein durch das Blinzeln und die Teilunschärfe beim Sehen. Unser Gehirn reichert die entstandenen Lücken mit Erfahrungen an, damit wir am Ende zu einem schlüssigen Bild erlangen. So sehen wir die Dinge, wie wir sie kennen und erwarten. Zwei Beispiele dafür.

1. Reframing-Beispiel: Zwischen Absicht und Verhalten trennen

Nehmen wir mal an, eine Frau ist mit ihrem Auto unterwegs Richtung Arbeit. Plötzlich hupt es lautstark hinter ihr. Als sie in den Rückspiegel blickt, erkennt sie einen Mann, der mit Handy am Ohr deutlich macht, dass er überholen möchte. Die Frau ärgert sich über seine rücksichtslose und drängelnde Fahrweise, macht aber Platz zum Überholen.

Der Wagen rauscht an ihr vorbei und auch wenn er schon außer Sichtweise ist, regt sich die Frau innerlich weiterhin auf. Als sie an ihrem Arbeitsplatz ankommt und in ihrem Arztkittel das Patientenzimmer betritt, trifft sie auf den Mann des Überholmanövers. Mit Schweißperlen auf der Stirn hält er die Hand seiner Frau, die kurz davor ist, ein Kind zu gebären.

Die Frau hat aufgrund persönlicher Erfahrungen die Situation einen negativen Rahmen gegeben. Erst mit einem Perspektivwechsel konnte sie der Situation einen neuen Kontext verleihen. Doch meist entziehen wir uns anderen Perspektiven mit dem Ergebnis, gestresst, genervt oder verunsichert zu sein. Ein erster Schritt in Richtung Bedeutungsreframing ist die Erkenntnis, dass nicht ausschließlich die eigene Geschichte der Wahrheit entspricht.

Es geht weniger ums Recht haben, sondern um die Offenheit für andere „Wahrheiten“. Neugierde statt Sturheit. Wie auch die Frau kennen wir nicht immer die Gründe für das Verhalten von anderen. So müssen wir trennen zwischen Absicht und Verhalten.

Frau liegt nachdenklich neben Tablet
Durch Reframing die Intention erkennen: Statt sich seinen Teil zu denken, besser zum Handy greifen und nachfragen. Foto: FOTO Getty Images

2. Reframing-Beispiel: Die positive Intention erkennen

Ein Beispiel aus dem Alltag: Der Mann macht Überstunden, um mehr Geld nach Hause zu bringen. Doch seine Familie hat durch dieses Verhalten das Gefühl, als kümmere er sich weniger um sie. Die Absicht des Mannes ist positiv, während die Familie aufgrund seines Verhaltes negative Emotionen empfindet. Natürlich hilft bei einem solchen Beispiel ein Dialog zwischen den zwei Parteien.

Doch auch schon die Frage „Warum verhält sich die Person so?“ kann zu einem Perspektivwechsel führen. Wichtig dabei ist, nicht negative Gründe zu suchen, sondern über den Tellerrand hinauszublicken und Raum für positive Intentionen zu lassen. Denn jetzt mal ehrlich: Nur die wenigsten von uns handeln in böser Absicht.

Reframing ist Übungssache

Gute Nachricht: Reframing ist eine Methode, die man lernen kann. Dazu gehören etwas Geduld, Selbstreflexion, Offenheit und Lust auf Veränderung. Am Ende gewinnt das Leben an Leichtigkeit und Zufriedenheit.

1. Reframing Übung 1: Sprache anpassen

„Das wird nicht funktionieren“ – ein typischer Satz, den wir alle schon mal von uns gegeben haben. In dieser Formulierung zeigt sich unser Negativitätsbias. Statt „Ich werde sehen, ob es funktioniert, wenn ich es ausprobiere“ tendieren wir oftmals zu einer negativen Aussage. Kein Wunder, denn die Sprache ist ein Spiegel unserer Gedankenwelt. Doch sie kann auch als Schlüssel fungieren.

Wenn wir unsere Sätze positiv verpacken, wird ganz automatisch unsere Art zu denken beeinflusst. Das gleiche gilt für das im Alltag verankerte Wort „muss“. Sätze wie „Das muss ich heute noch machen“ verursachen meist negative Emotionen und steigern das Stressempfinden. Ersetzt du „muss“ durch „wollen“, entscheidest du dich aktiv für eine Handlung. Auch dieser Ansatz kann beim Reframing helfen. Es ist eine Art mentale Befreiung – denn du musst nichts, aber du kannst, wenn du willst.

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2. Reframing-Übung 2: Routinen aufbrechen

Gewohnheiten bestimmen unseren Alltag. Sie laufen automatisiert ab – zum Glück, sonst würden wir vor lauter Gedanken wohl verrückt werden. Doch manche Gewohnheiten und Routinen haben sich vor Jahren durch Erfahrungen und weniger durch bewusste Entscheidungen ergeben. Zeit, diese zu hinterfragen. Damit ist nicht tägliches Zähneputzen oder Ähnliches gemeint.

Aber vielleicht gibt es Angewohnheiten, die dich damals begeistert haben, aber heute einfach nur aus Gewohnheit ausgeübt werden. Das passiert schnell, denn bereits nach 30 Tagen können Handlungen durch Regelmäßigkeit zur Routine werden. Hinterfragst du immer mal wieder gefestigte Verhaltensmuster, brichst sie sogar, erlebst du automatisch einen neuen Blickwinkel. Und wer weiß: Vielleicht ergibt sich dadurch eine neue Routine, die in diesem Moment wirklich dein Leben bereichert.

3. Reframing-Übung 3: die „Wahrheit“ hinterfragen

Wenn du unsicher bist, frag doch einfach nach, anstatt dir deinen Teil zu denken. Oftmals meinen wir, die Gedanken des anderen lesen zu können. Doch Denkstrukturen entwickeln sich durch individuelle Erfahrungen. Und ja, manchmal kennen wir einen Menschen ziemlich gut und erkennen, welche Gedanken sich in seinem Kopf abspielen.

Aber die Komplexität können wir nur kennen, wenn wir nachfragen. Bevor du in Ungewissheit schwelgst und negative Gedankenspiele zulässt, solltest du das Gespräch suchen. Hast du nicht die Möglichkeit, in einen Austausch zu gehen, versuche von einer positiven Intention des anderen auszugehen. Das erspart negative Emotionen und Stress.

Autorin: Judith Püschner