Jede Woche küren wir starke, inspirierende, positive Frauen zu unseren weekly heroines. Frauen, die uns etwas beibringen können, uns bestärken oder einfach nur einen anderen Blick auf die Welt gewähren. Diese Woche ist Anna Wilken unsere Heldin der Woche. Passend zu unserer Frauengesundheitswoche hatte wmn die Möglichkeit, mit Anna Wilken über ihre Endometriose-Diagnose zu sprechen.
Anmerkung der Redaktion: Vor einigen Wochen haben wir noch berichtet, dass die künstliche Befruchtung bei Anna geklappt hat und sie schwanger ist. Nun gab sie bekannt, dass sie das Kind in der 9. Schwangerschaftswoche verloren hat. Auf Instagram verkündet sie schweren Herzens: ‚Eigentlich wäre ich jetzt schon fröhlich in der 9. Schwangerschaftswoche – eigentlich. Doch das Herz von unserem kleinen Licht hat nicht geschlagen und wir lassen es gerade schweren Herzens gehen. Unsere kleine Welt steht seitdem still.‘ Wir wünschen Anna in dieser schweren Zeit viel Kraft und hoffen von Herzen, dass sie zu ihrer so ersehnten „Normalität“ findet.
Anna Wilken: Kurz & knapp
- Anna Wilken ist 25 Jahre alt, lebt momentan in Heidelberg und ist Content-Creatorin, Model und Autorin
- Ihr Motto „Gut Ding will Weile haben!“ hilft ihre durch viele Lebenssituationen
- Wenn Anna Zeit für sich braucht, macht sie Yoga, einen langen Waldspaziergang, verbringt Zeit mit ihrem Partner oder guckt ein paar Folgen Grey’s Anatomy
wmn hatte die Möglichkeit mit Anna Wilken ein Interview über ihre Endometriose-Diagnose zu führen. Außerdem haben wir mit Herrn Dr. med. Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte und niedergelassener Frauenarzt in Hannover gesprochen, der uns fachliche Fragen zur Endometriose beantwortet hat.
„Es waren zwischendurch auch ein paar Vollidiot:innen dabei“
wmn: Wann hast du denn deine Endometriose-Diagnose bekommen?
Anna Wilken: Ich hatte mit 13 Jahren tatsächlich schon den Verdacht, mit 19 wurde aber erst die Diagnose Endometriose gestellt. Der Verdacht kam dadurch, dass ich schon mit elf meine Periode bekommen hab und seitdem tatsächlich „wie ein Schwein“ geblutet habe. Dazu kamen Bauchschmerzen, die ich erst gar nicht als Unterleibsschmerzen deklariert habe, da ich das noch gar nicht einordnen konnte. Schon damals konnte vor Schmerzen manchmal nicht zur Schule gehen oder musste eine Ibu nehmen.
Mein Hausarzt hat mich dann mit 13 zum Gynäkologen überwiesen, wo dieser dann den Verdacht geäußert hat.
wmn: Du hast seit deiner Endometriose-Diagnose bestimmt viele Ärtz:innen kennengelernt. Hast du auch schlechte Erfahrungen gemacht oder hast du dich immer gut beraten und aufgehoben gefühlt?
Anna Wilken: Unterm Strich, habe ich wirklich viel Glück gehabt. Aber natürlich waren zwischendurch auch mal ein paar Vollidiot:innen dabei. Davon war einer sogar ein Endometriose-Spezialist, der mich tatsächlich sehr erschrocken hat.
Grundsätzlich hatte ich aber schon Glück, weil ich auch einfach ein Mensch bin, der von Anfang an mit offenen Karten spielt und gewisse Dinge einfach erwartet. Dadurch dass wir relativ oft umziehen (Anna ist mit dem Fußballer Sargis Adamyan zusammen, Anm. der Redakteurin), muss ich mir dann auch immer neue Gynäkolog:innen und Kinderwunschzentren suchen. Dort falle ich dann immer direkt mit der Tür ins Haus, erzähle ihnen von meinen Schmerzen usw. Das hat bisher tatsächlich immer sehr gut geklappt.
„Endometriose ist nicht nur Periodenschmerz“
wmn: Du hast gerade schon kurz von deinen Schmerzen gesprochen. Wie äußert sich deine Endometriose denn im Alltag.
Anna Wilken: Im Alltag ist es tatsächlich schwer zu sagen, weil es oftmals Schmerzschübe sind, die mich im Alltag überraschen. Grundsätzlich sind Situationen, in denen ich schwer heben muss sehr anstrengend für mich. An sich habe ich einfach immer Probleme mit meinem Unterleib und Becken. Außerdem habe ich ja inzwischen zwölf Jahre chronische Schmerzen, wodurch ich mir zum Beispiel auch eine ungesunde Haltung angewöhnt habe, die die Schmerzen verstärkt. Es ist also längst nicht nur der Periodenschmerz – zumindest bei mir nicht.
wmn hat Herrn Dr. Christian Albring gefragt, was typische Symptome einer Endometriose sind oder ob es solche überhaupt gibt:
„Starke Schmerzen während der Menstruation im Unterbauch können zwar ein typisches Symptom sein, aber sehr viele Mädchen und Frauen mit solchen Schmerzen haben keine Endometriose.
Einen wichtigen Hinweis geben zumindest in den ersten Jahren der Erkrankung Schmerzen, die kurz vor oder bei Beginn der Blutung beginnen und nach Ende der Blutung aufhören, egal wo sie sitzen – als Rückenschmerzen, Schmerzen beim Sex, Schmerzen im Unterbauch oder um den Nabel oder im Oberbauch.“
„Ob es natürlich oder ‚unnatürlich‘ klappt, ist mir tatsächlich egal“
wmn: Wie wurde deine Endometriose behandelt?
Anna Wilken: Ich hatte mit 19 eine Bauchspiegelung, wo auch alle Endometriose-Herde entfernt wurden, aber da es eine chronische Krankheit ist, kamen diese wieder. Ich hatte danach noch zwei OPs, aber lediglich die letzte hat mir ein bisschen Besserung gebracht.
Dr. Christian Albring erklärt die Bahndlungsmethoden so:
„Eine ursächliche Behandlung besteht darin, dass sämtliche sichtbaren Endometriose-Herde im Bauchraum vollständig entfernt werden. Das können sehr langwierige Eingriffe werden. Wenn die Herde entfernt sind, hören die Schmerzen meist auf oder sind zumindest deutlich geringer.
Als medikamentöse Behandlung kommt heute vor allem die Gabe von Gestagenen in Frage. Diese Hormone hemmen den Aufbau der Schleimhaut in der Gebärmutter und hemmen damit auch das Wachstum der Endometriose-Herde. Gute Erfolge verspricht auch die Einnahme der Pille im Langzyklus, also ohne Pausen zum Abbluten. Solange keine Blutung auftritt, verursacht die Endometriose in vielen Fällen keine zusätzlichen Beschwerden und Schmerzen.“
wmn: Dein Partner und du haben euch schon vor einigen Jahren für eine künstliche Befruchtung entschieden. Macht es dir die Endometriose überhaupt möglich, auf natürlichem Wege Kinder zu bekommen?
Anna Wilken: Ich würde nie sagen, dass ich auf natürlichem Wege keine Kinder bekommen kann, weil mir das so auch nie gesagt wurde. Letztes Jahr bin ich ja zum Beispiel auf natürlichem Wege schwanger geworden, hatte dann aber leider eine Fehlgeburt. Ich finde es immer blöd, wenn man es von Beginn ausschließt, deshalb sage ich immer, dass es aufgrund meiner Endometriose extrem schwierig ist, aber ob es natürlich oder „unnatürlich“ klappt, ist mir letztendlich egal.
Herr Dr. Christian Albring hat gegenüber wmn bestätigt, dass „die Fruchtbarkeit etwa bei jeder zweiten Endometriose-Patientin beeinträchtigt ist.“
„Der Ton ist auf Social Media einfach rauer geworden.“
wmn: Du teilst deine Endometriose und dein Kinderwunsch auch total offen auf Instagram. War es die richtige Entscheidung oder lässt dich negatives Feedback und Hass-Kommentare manchmal daran zweifeln?
Anna Wilken: Bereut habe ich es noch nicht wirklich, aber zwischendurch platzt mir schon manchmal der Kragen. Der Ton ist auf Social Media einfach rauer geworden und bei einem unerfüllten Kinderwunsch trifft eben oft auf empfindliche Nerven. Wenn bei so einem emotionalen Thema jeder meint alles besser zu wissen, macht es mir das manchmal wirklich schwierig alles zu teilen. Natürlich ist das immer „nett“ gemeint, aber ich kenne meinen Körper nun mal am besten und viele drängen mir ihre Meinung eben völlig auf.
Im Februar wurde mir sogar eine Todgeburt gewünscht. Für solche Leute habe ich keine Worte.
wmn: Du hast vor Kurzem dein zweites Buch herausgebracht. Einen Ratgeber zu Endometriose. Worin unterscheiden sich deine Bücher zu dem, was du auf Social Media preisgibst?
Anna Wilken: Die Bücher stehen in gar keinem Vergleich zu meiner Präsenz auf Social Media, da ich dort mein Leben begleite und dich Bücher sowohl ein Sachbuch als auch ein Ratgeber sind.
Ich habe in meinem Buch viel mehr die Möglichkeit, ausführlich zu werden, man kann detailreicher Dinge erklären und ausreden, ohne unterbrochen zu werden. Natürlich bin ich Buch auch anders auf beispielweise meine Fehlgeburt eingegangen, weil ich das emotional gesehen auf Instagram gar nicht aushalten würde. Dafür ist die Thematik einfach zu komplex.
„Der zweite Schreibprozess war extrem schwer für mich“
wmn: Verarbeitest du deine Diagnose auch, indem du es niederschreibst?
Anna Wilken: Im ersten Buch habe ich definitiv meine Diagnose verarbeitet, im zweiten Buch tatsächlich gar nicht. Der Schreibprozess war tatsächlich ziemlich schlimm und anstrengend, da das innerhalb von fünf Monaten fertig werden musste. Parallel habe ich meine Kinderwunsch-Behandlung fortgeführt, was es extrem schwierig gemacht hat, weil ich selbst erstmal alles verarbeiten musste.
wmn: Thema Kosten: Übernimmt die Krankenkasse deine Kinderwunsch-Behandlungen?
Anna Wilken: Das ist schwierig zu sagen. In der Regel übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen 50 Prozent, in manchen Fällen auch mehr. Natürlich gibt es aber viele Voraussetzungen, die eingehalten werden müssen. So muss man zum Beispiel mindestens 25 sein, mit dem Partner verheiratet sein und im Idealfall bei der gleichen Krankenkasse sein.
Bei Sargis und mir treffen einige Dinge eben nicht zu, da wir zum Beispiel nicht nur aus diesem Grund heiraten möchten. Deshalb sind wir auch unglaublich dankbar in der privilegierten Lage zu sein, dass selbst bezahlen zu können.
wmn: Hast du abschließend einen Ratschlag für ein junges Mädchen, die gerade die Diagnose „Endometriose“ bekommen hat, wie sie damit umgehen kann?
Anna Wilken: Das ist so schwer, weil der Umgang so schwer und unterschiedlich ist. Ich war zum Beispiel damals sehr erleichtert, weil mir endlich gesagt werden konnte, was mir fehlt.
Wenn ich was raten würde, wäre es definitiv gut darüber zu sprechen. Man sollte keine Scheu haben, es den Freund:innen, dem Freund oder der Familie zu erzählen. Weil nur wenn man es kommuniziert, kann das Umfeld auch tatsächlich Rücksicht nehmen. Natürlich ist die Diagnose total scheiße, ich habe nach der anfänglichen Freude auch Depressionen und Panikattacken entwickelt, aber man muss sich einfach damit anfreunden und sich auch die zeit dafür nehmen.
Anna Wilken ist eine Inspiration für uns alle
Das Interview mit Anna hat uns inspiriert und bestärkt, denn sie scheint sich mit ihrer Situation arrangiert zu haben und wandelt die schwierige Lage in Stärke um. Täglich inspiriert sie fast 400.000 Follower:innen auf Instagram und ab jetzt, hoffentlich auch dich.
Anna hat im April gemeinsam mit Saskia Hirschberg ihr zweites Buch „Na, wann ist es denn so weit?“ herausgebracht. In diesem Buch „vereint sie medizinisches Wissen mit persönlichen Erfahrungsberichten und schafft einfühlsam ein Wir-Gefühl für alle Betroffenen.“
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Im Video findest du ochmal kurz und knapp zusammengefasst, was Endometriose überhaupt ist und wozu die Krankheit führen kann.