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Das verzerrte Frauenbild in den Medien: Wer ist eigentlich schuld?

Das Frauenbild entspricht in vielerlei Hinsicht nicht der Wahrheit. Diese Gründe stecken dahinter, dass Frauen zu wenig Aufmerksamkeit bekommen.

Frau stark
Dass mehr Ehen durch Frauen geschieden werden, ist auch ein Zeichen des Female Empowerments. Foto: Foto: Getty Images/ Stephen Zeigler /

5 Frauen auf 51 Seiten. Das ist das ernüchternde Resultat der Analyse einer Zeitschrift, die mir neulich in die Hände fiel. Und zwar nicht etwa bei Men’s Health oder BEEF!, nein, bei einer lokalen Wirtschaftszeitschrift. Wenn man genauer hinschaut, wird es sogar noch schlimmer: Von den 5 Frauen, die auf Bildern abgedruckt wurden, sind zwei Teil eines dreiköpfigen Teams und weitere zwei einfach nur schmückendes Beiwerk. Ist das das moderne Frauenbild oder ist da etwas schiefgelaufen?

Unser Frauenbild: Die Frau als schmückendes Beiwerk?

In der deutschen Wirtschaft ist ungefähr ein Drittel der Unternehmenschefs weiblich. Wie kann es sein, dass sie so wenig in der öffentlichen Wahrnehmung stattfinden? Wenn ich mit Fernseh-Redakteur:innen spreche, bekomme ich häufig die Antwort: „Ja, das ist blöd. Aber wenn wir Frauen anfragen, dann sagen sie immer nein“. So sieht es auch die Redaktion von Anne Will, die in einem Spiegel-Artikel zitiert wird, der sich der Frage widmet, warum Frauen in Talkshows so unterrepräsentiert sind: „Man frage oft Frauen an, diese würden jedoch häufiger absagen als Männer“.

Das verzerrte Frauenbild in den Medien: Wer ist eigentlich schuld?

Das verzerrte Frauenbild in den Medien: Wer ist eigentlich schuld?

Das Frauenbild entspricht in vielerlei Hinsicht nicht der Wahrheit. Diese Gründe stecken dahinter, dass Frauen zu wenig Aufmerksamkeit bekommen.

Frauen sagen nein, Männer sagen ja?

Ich persönlich kenne keine einzige Frau, die zu solchen Zwecken angefragt wurde und nein gesagt hätte. Das muss natürlich nichts heißen. Aber angefragte Männer kenne ich einige. Und es stimmt: Die sagen immer ja. Welches Thema? „Egal, das kann ich schon“. Liebe Redaktionen: So geht das nicht weiter! So einfach können wir es uns nicht machen!

Seit Jahrzehnten ist man sich einig, dass Vorbilder eine große Rolle bei der Entwicklung von Rollenbildern spielen. Kinder wachsen mit mehr weiblichen Erziehenden in der Kita auf und erfahren mit voranschreitendem Alter in den weiterführenden Schulen eine kontinuierliche Steigerung des Männeranteils in der Rolle der Lehrenden. Dafür gibt es viele Gründe, die lang und breit analysiert und diskutiert wurden.

Wir wissen, dass Kinder sich entsprechend ihrer Vorbilder orientieren und dass insofern natürlich auch Wahrnehmung eine bestimmte Realität konstruiert. Weniger abstrakt gesprochen: Wenn ich als Mädchen wahrnehme, dass Frauen häufiger als Erzieherinnen arbeiten, dann nehme ich das wahrscheinlicher als meine Rolle an als den Beruf des Hochseefischers. Eine festgefahrene Geschlechterstruktur manifestiert sich also relativ einfach selbst.

Medien wirken sich auf unser Frauenbild aus

Diese Situation ist schon schlimm genug. Wenn aber Medien eine Realität konstruieren, die es so gar nicht gibt, also eine Wirtschaftszeitschrift einfach die Frauen fast vollständig unterschlägt, werden wir niemals Gleichberechtigung der Geschlechter erreichen. Gleiches gilt für die Frauenanteile in Talkshows. Ich sage nicht, dass wir mehr weibliche als männliche Unternehmenschef:innen in die Medien bringen sollten. Ich sage noch nicht einmal, dass sie hälftig zu Wort kommen sollten.

Dating Männer Frauen hingezogen
Frauen besetzen zu 30 % die Führungsrollen in Unternehmen. Foto: nortonrsx / getty Images via Canva

Es reicht nicht, sich auf mein Geschlecht zu verlassen

Aber doch wenigstens ungefähr so häufig, wie es in der Realität der Fall ist und das heißt bei Wirtschaftszeitschriften: mindestens zu 30 %. Wenn junge Frauen eine solche Zeitschrift aufschlagen, muss ihnen klar werden: Ja, wir sind zwar noch nicht so viele, aber immerhin gibt es Vorbilder, an denen ich mich orientieren kann. Und wenn junge Männer eine Wirtschaftszeitschrift aufschlagen, muss ihnen klar werden: Ja, wir sind in der Mehrzahl, aber ein Selbstläufer wird es nicht. Es reicht nicht, sich auf mein Geschlecht zu verlassen.

Ich will, dass Mädchen wie Jungen wissen sollten, wie es in der beruflichen Realität aussieht. Gleichzeitig müssen sie aber auch das Gefühl bekommen, frei entscheiden zu dürfen, was sie sein und werden möchten, ohne dass das Geschlecht eine Rolle spielt. Und wenn es dann nicht nur ein Gefühl wäre, sondern gesellschaftlich wirklich akzeptiert, dann müssten wir uns wahrscheinlich auch keine Gedanken mehr um repräsentierte Frauenbilder in Machtpositionen. Das ergäbe sich das von selbst.

Jeannine
Das ist Jeannine. Noch mehr von ihr lest ihr in ihrer Kolumne. Foto: WJD/Pia Jennert /

Über die Autorin: Jeannine Budelmann

Jeannine Budelmann schreibt aufgrund ihrer großen Leidenschaft für die Frauen und ihrer noch größeren Expertise auf eigentlich „männerdominierten“ Gebieten. Sie ist Geschäftsführerin eines Elektronik-Unternehmens. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Münster.

Für wmn.de schreibt Jeannine von ihrem Alltag als Chefin, ihren täglichen Begegnungen mit Männern und Frauen in einer patriarchalen Branche. Ihre Beobachtungen sind scharfsinnig, ihre Schlüsse sind wohldurchdacht und ihre Tipps sind spitzzüngig. Hier findest du ihre Autor:innenseite.

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