Hanna ist die neue Princess Charming 2022! Im Interview spricht sie mit uns über Sexualität, queere Dating-Shows und Empowerment.
Bei wmn küren wir jede Woche eine starke und inspirierende Frau zu unserer wöchentlichen Heldin. Diese Frauen empowern uns und reißen uns mit ihren starken Aussagen mit. Darüber, wie es ist, bei einem queeren Dating-Format mitzumachen und was unserer Gesellschaft im Hinblick auf queere Repräsentation eigentlich noch fehlt, haben wir mit Hanna gesprochen.
Info: Das Format Princess Charming
Princess Charming ist eine TV-Dating-Show. In der Sendung begibt sich eine homosexuelle Frau auf die Suche nach der großen Liebe. Einige Single-Frauen hoffen darauf, das Herz von „Princess Charming“ zu erobern. Auch in dieser Variante ziehen die Kandidaten gemeinsam in eine Villa ein.
Hanna kurz und knapp:
- Die 28-jährige Hannoveranerin ist eigentlich als Projektmanagerin tätig. Im Herzen brennt sie allerdings für Entwicklungshilfe.
- Ihre Teilnahme bei der Show Princess Charming war eigentlich ganz ungeplant, doch sie hatte große Lust, etwas Neues auszuprobieren.
- Mehr queere Repräsentation in Film und Fernsehen sind ihr unglaublich wichtig.
Hanna: „Queere Dating-Formate sind wichtig für die Gesellschaft.“
Wmn: Wieso hast du dich dazu entschieden, bei Princess Charming mitzumachen?
Hanna: Es war eine spontane Aktion mit meinem besten Kumpel, eigentlich aus Spaß. Ich habe es nicht extrem ernst genommen und dachte nicht, dass ich tatsächlich mitmachen kann. Ich bin eigentlich mit dem Gedanken reingegangen, dass ich eine Frau in der Villa sein wollte. Dann bekam ich allerdings die Anfrage, als Princess mitzumachen und hatte ein ziemlich gutes Gefühl dabei.
Info: Die neue Staffel Princess Charming kannst du ab jetzt im wöchentlichen Rhythmus auf RTL+ schauen!
Wmn: Dir liegt es sehr am Herzen, dass homosexuelle Beziehungen zur Normalität werden. Wie können Formate wie „Princess Charming“ deiner Meinung nach dabei helfen?
Hanna: Princess Charming trägt meiner Meinung nach viel zur Aufklärung bei, weil beispielsweise offen über Themen wie Sex geredet wird. Generell kann in solchen Formaten gezeigt werden, wie homosexuelle Menschen denken und mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben. Außerdem erfahren andere, wie es ist, sich zu outen und wie die Familie darauf reagieren kann. Das ist unglaublich wichtig, um Bewusstsein für diese Konfrontation zu schaffen und Verständnis zu bekommen. Solche Formate sind wichtig für unsere Gesellschaft.
„Menschen macht so viel mehr aus als die Sexualität“
Wmn: Inwieweit ist dir die Repräsentation von queeren Dating-Formaten im TV wichtig?
Hanna: Ich würde mir wünschen, dass es viel mehr dieser Formate gäbe und dass viel offener darüber kommuniziert wird. Zudem wünsche ich mir, dass es einfach normalisiert wird, dass man Leute nicht mehr labeln und in Schubladen stecken muss. Mir persönlich ist es wichtig, dass ich als Individuum gesehen werde, dass ich viele Eigenschaften habe und ich mich eben nicht nur als beispielsweise bisexuelle Frau sehe. Ich habe schon so oft mitbekommen, dass Menschen zum Beispiel auf das Lesbisch-Sein reduziert werden. Aber eigentlich sind sie viel mehr als nur ihre Sexualität. So etwas muss unbedingt offener kommuniziert werden.
„Eigentlich hat es niemanden zu interessieren, wer auf wen steht.“
Wmn: Was denkst du, müsste sich in der Gesellschaft ändern, um das zu erreichen?
Hanna: Meiner Meinung nach kann man unglaublich viel tun! In der Schule sollte früh angefangen werden, über Themen wie Sexualität zu sprechen. Ich habe in meiner Schulzeit beispielsweise nichts darüber gelernt.
Mittlerweile wird glücklicherweise auch viel mehr in Filmen und in Serien thematisiert, aber das reicht nicht aus. Es müsste von allen Seiten dargestellt und gezeigt werden, dass wir normale Menschen sind, wie alle anderen auch. Es hat eigentlich niemanden zu interessieren, wer auf wen steht und ich würde mir wünschen, dass zwischen Homosexualität und Heterosexualität kein Unterschied mehr besteht.
Von Männern kam immer der Spruch: „Kann ich mitmachen?“
Wmn: Welchen Klischees und Vorurteilen möchtest du in dem Hinblick entgegenwirken?
Hanna: Ich habe oft erlebt, dass meine Beziehung mit einer Frau nicht respektiert wurde. Es gab diese eine Situation, als ich mit meiner Freundin in einem Club war. Wir haben uns geküsst und von Männern kam immer der Spruch: „Kann ich mitmachen?“ Es fiel mir immer unglaublich schwer, mit solchen Kommentaren umzugehen und ich denke, in den meisten Fällen weiß man gar nicht, was die richtige Reaktion ist. Solchen Situationen würde ich gern entgegenwirken, damit sie gar nicht erst entstehen müssen. Allerdings stelle ich mir selbst oft die Frage: „Wie soll das gehen?“
„Sich so zu zeigen, wie man ist, ist ein starkes Statement.“
Wmn: Hast du (queere) Frauen aus Film und Fernsehen als Vorbilder?
Hanna: Tatsächlich habe ich nur ein prominentes Vorbild: Alicia Keys. Sie ist nicht queer, aber soweit ich weiß, steht sie auch hinter der Community. Alicia Keys hat mir immer das Gefühl gegeben, eine authentische Persönlichkeit zu sein, und das finde ich unglaublich wichtig. In Film und Fernsehen sind sehr viele Leute nicht authentisch. Außerdem finde ich ihre No-Make-up-Kampagne sehr inspirierend. Sich einfach so zu zeigen, wie man ist, ist ein unglaublich starkes Statement. Damit wirkt sie dem Druck, dass Frauen Make-up tragen müssen, entgegen, unglaublich mutig und begeisternd.
Info: No Make-Up-Kampagne von Alicia Keys
Schon im Jahr 2016 hat sich Alicia Keys dazu entschieden, in den meisten Fällen kein Make-up mehr zu tragen. Die Sängerin sagte dazu: „Weil ich mich nicht mehr verstecken will. Nicht mein Gesicht, nicht meinen Geist, nicht meine Seele, nicht meine Gedanken, nicht meine Träume, nicht meine Kämpfe, nicht mein emotionales Wachstum. Nichts.“ Dabei gibt sie weiterhin auf, eine gute Skincare-Routine achtzugeben und sich nur noch zu schminken, wenn sie es wirklich möchte.
„Vielfältigkeit ist unglaublich wichtig.“
Wmn: Es gibt viel Kritik an solchen Shows im Hinblick auf Diversität. Welche Rolle spielt Diversität für dich bei Dating-Shows?
Hanna: Ich finde Vielfältigkeit unglaublich schön. Ich selbst komme aus der brasilianischen Kultur. Unsere Kultur ist sehr vielfältig und gemischt und es gibt gar nicht den „typischen Brasilianer“. Wir müssen meiner Meinung nach davon wegkommen, dass wir uns mit nur einer Nation definieren und Menschen von Anfang an aufzeigen, wie schön es ist, vielfältig zu sein.
Wmn: Eines deiner großen Ziele ist es ja, in der Entwicklungshilfe tätig zu werden. Was treibt dich dazu an?
Hanna: Alles, was mit Kindern zu tun hat, liegt mir unglaublich am Herzen. Kinder sind und waren schon immer unsere Zukunft. Ich selbst möchte zum Beispiel keine Kinder kriegen, da es so viele Kinder gibt, die adoptiert werden wollen. Es gibt so unglaublich viele Menschen auf diesem Planeten und es ist schade, dass so viele Kinder kein zu Hause haben. Aus diesem Grund ist es mein Ziel, mehr Kinderheime und Schulen zu bauen, um Kindern ein besseres Leben und Bildung zu ermöglichen.
Info: Kinderarmut weltweit
Weltweit ist jedes dritte Kind laut der Aktion Deutschland Hilft von multidimensionaler Armut, also einem Mangel an Nahrung, Wasser oder Bildung betroffen. Das sind etwa 663 Millionen. Etwa 385 Millionen Kinder leben in extremer Armut. Sie haben pro Tag weniger als 1,90 US-Dollar zum Leben.
In Deutschland wächst laut der Bertelsmann Stiftung rund jedes fünfte Kind in Armut auf. Das sind 2,8 Mio. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Die Corona-Krise hätte das Problem noch weiter verstärkt.
Wmn: Es gibt ja häufig eine unglaubliche Kritik an Frauen, die selbst keine Kinder kriegen wollen. Was sagst du dazu?
Hanna: Man sollte den Frauen, die heutzutage keine Kinder wollen, einen Preis geben (lacht). Die meisten Menschen wollen Kinder kriegen und sehen dies als ihr Lebensziel. Ich bin aber der Meinung, es muss nicht biologisch gesehen mein Kind sein, denn ich kann ein anderes Kind genauso lieben. Familie ist für mich nicht Blutsverwandtschaft, sondern Liebe und Unterstützung. Man muss von diesem Gedanken wegkommen, dass man immer seine eigenen Gene weitergeben muss. Wir sind alle Menschen, da muss man keinen Unterschied machen.
„Ich muss nicht jedem gefallen.“
Wmn: Dein Schritt in die Öffentlichkeit ist mutig. Hast du Angst vor (digitalem) Hass?
Hanna: Dadurch, dass ich vorher nie in der Öffentlichkeit war, kann ich es mir bisher schwer vorstellen, wie ich damit umgehen würde. Es wird nicht immer einfach sein, aber ich versuche mein Bestes zu geben und authentisch zu sein. Ich muss nicht jedem gefallen. Ich habe viel Unterstützung von Freunden und Familie und das gibt mir Kraft. Außerdem stehe ich hinter all dem, was ich tue und denke, das ist das Wichtigste.
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