Am 14. November startete die neue Prosieben Show Queen of Drags. Vorab zeigt uns der Trailer ein bekanntes Bild: Heidi Klums Gesicht. Eine schrille Ankündigung: „Es geht wieder los!“. Doch Moment. In unseren Köpfen rattert es. Was denn? Jetzt schon? GNTM beginnt doch erst im Frühjahr?
Da kann man schon einmal durcheinander kommen, wenn Heidi Klum in einer weiteren Prosieben Casting Show in der Jury sitzt. Ein Glück, dass der Trailer sie voranig als Werbemittel nutzt.
Die Causa Heidi Klum
Ziemlich clever, wenn auch durchschaubar, gab es doch einigen Rant im Vorfeld gegen sie in Verbindung mit Queen of Drags. In der ersten Folge wird dieses Thema natürlich aufgenommen.
Die Zusammenfassung: Das Netz schimpft darüber, dass sie der Jury Rolle nicht gerecht werden könne. Heidi meint unter den Augen und Ohren der Kandidatinnen, dass sie das ziemlich gemein fände. Sie würde auch gerne mal mehr machen (Sie meint Make-up). Außerdem, nur weil sie eine Frau, weiß und hetero wäre, könne sie das genauso gut übernehmen.
Zu allem Überfluss wird dieser völlig deplatzierte Kommentar abgerundet mit einem Hinweis darauf, dass sie sehr wohl wisse, was Shaming bedeute: Immerhin muss sie auch immer die bösen Kommentare über den Altersunterschied zwischen ihr und Tom Kaulitz ertragen. Ende vom Lied: Kopfschütteln. Wir haben kein Mitleid.
Queen of Drags – Was verspricht das Format?
Doch weg von Heidi Klum, die nur dafür da ist, dass Queen of Drags besser anläuft. Denn viel prominenter und relevanter treten die beiden anderen Jurymitglieder Bill Kaulitz und Conchita Wurst auf. Conchita Wurst gibt –zur Verwirrung der Zuschauer, die ein neues Heidi Format erwartet haben – sogar ihre Stimme für die Off-Kommentare her.
Die beiden Juroren plus der Gastjurorin Olivia Jones – das Internet hätte gerne eine Petition gestartet letztere anstelle von Heidi einzusetzen – passen perfekt in das Spin-Off Format aus GNTM. Immerhin haben sie verstanden, dass es hier um Kunst, Befreiung und Respekt geht. Nicht nur um Ausstrahlung und Hübsch-Aussehen.
In den letzten Jahren gab es im umstrittenen GNTM-Format immer eine Spezialfolge, in der die Kandidatinnen zusammen mit einer ihnen zur Seite gestellten Drag Queen die Sendung bestreiten durften. Laut dem Prosieben Chef Daniel Rosemann waren das immer die beliebtesten Folgen bei den Zuschauern. So fiel die Entscheidung leicht, den Drag Queens ein eigenes Format zu geben und die Bühne auch ohne Model erobern zu dürfen. Rosemann meint: „Ein schöner Grund, um diesen außergewöhnlichen, interessanten Männern und ihren Kunstfiguren in ‚Queen of Drags‘ eine eigene Prime-Time-Sendung zu widmen und die beste von ihnen zu küren.“
Queen of Drags – Was kann das Format?
Das Grundkonzept ist nicht neu: Die zehn Drag Queens aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ziehen in eine Luxusvilla in LA. und stellen sich jede Woche einem neuen Motto. Zuletzt stimmen die Jury und das Publikum ab, wer das Motto am besten umgesetzt hat.
Die ersten 20 Minuten von Queen of Drags starten amibioniert: Laien, die nicht bewandert sind in der LGTB Community und in Sachen Drag, haben viel lernen können. Inklusive geschichtlichem Exkurs: Eine der zehn Drags erklärt, dass schon im 18. Jahrhundert Männer auf der Theaterbühne im Frauenkostüm auftraten, denn Frauen war es mancherorts verboten, auf der Bühne aufzutreten.
Ru Paul – DIE amerikanische Drag Queen – bestärkte den Mythos, dass the one and only Shakespeare an den Rand seiner Bühnenanweisungen Drag schrieb, wenn ein Mann in ein weibliches Kostüm schlüpfen sollte.
Apropos Ru Paul: Twitter amüsierte sich über die Aussage von Bill, dass es jetzt endlich die allererste und bunteste Dragshow geben würde. Nunja, Ru Pauls Drag Race ist nun in der 11. Staffel und darf man Twitter glauben, um einiges relevanter und dramaturgisch besser umgesetzt.
Ab Minute 20 verfällt Prosieben in alte Muster. Der anfängliche Tiefgang weicht dem Versuch, den Zuschauern Entertainment zu bieten. Da wird sich wegen Glitzer gefetzt und gezeigt, wie die eine Drag die andere klein halten möchte.
Nun möchte man wegschalten, stattdessen öffnet man Twitter und amüsiert sich köstlich: Besonders die Barabara Schöneberger Kommentare amüsieren uns. Zu Recht fragt sich ganz Twitter, wie es ihr wohl geht, hat sie doch erst kürzlich ihren Unmut über geschminkte Männer ausgedrückt.
Außerdem ist man sich einig, es ist gut und wichtig, dass die Show zur Prime Time läuft. Aber welche Dramaturgie gibt es hier? Wo ist die Spannung? Die zehn Drags treten in der zweiten Hälfte der Show mit ihren 30-sekündigen Lyp sync Performances auf. Etwas dünn. Zuletzt fliegt eine. Gutes Entertainment geht anders. Da kann auch kein Olivia Jones Schenkelklopfer á la „Ein Kitzler wie eine Bratwurst“ die Qualität der Show Queen of Drags retten.
Fazit: Zu wenig Tiefgang, noch weniger Entertainmentfaktor
Wie wichtig es ist, Queen of Drags zur Prime Time zu zeigen, unterstreichen rückständige Kommentare auf Twitter, die das Format als anstößig und belästigend empfinden.
Noch immer verstehen einige nicht, dass Freiheit und Respekt die höchsten Prinzipien unserer Gesellschaft sind. Wir wollen und brauchen es bunt auf der Welt! Dafür ist Queen of Drags ein guter Anfang. Dennoch wünschen wir uns für die kommenden Wochen weniger flaches Entertainment und tiefergreifende Einblicke in das Leben und die Community der Drags.