„Hast du gar kein schlechtes Gewissen?“, frage ich meine Katze, nachdem sie mir schon wieder den neuen Teppich voll gepinkelt hat. Kleinlaut kommt sie an, reibt ihren Kopf an mir und streicht mir um die Beine, als wolle sie mich um Verzeihung bitten. Ob sie sich ihrer Schuld bewusst ist – darüber lässt sich streiten. Zum schlechten Gewissen bei der Katze gibt die Wissenschaft jedoch ein klares Statement.
Unsere Autorin Anna Chiara lebt seit 15 Jahren mit ihrer Katze „Anouk“ zusammen. Ihre alltäglichen Erfahrungen teilt sie in zahlreichen Ratgeber-Artikeln und hält dich mit spannenden News und emotionalen Tiergeschichten auf dem Laufenden.
Können Katzen ein schlechtes Gewissen haben?
Hat der Stubentiger Mist gebaut, verkrümelt er sich, duckt den Kopf und schaut uns mit großen Augen an. Ja, den Hundeblick haben auch Katzen ziemlich gut drauf. So haben wir öfter den Eindruck, die Katze wolle sich bei uns entschuldigen für ihr Fehlverhalten. Das würde jedoch voraussetzen, dass sie sich dessen bewusst ist und ein schlechtes Gewissen hat.
Ob das tatsächlich stimmt, kann die Wissenschaft noch immer nicht eindeutig beantworten. Bislang nimmt man an, dass Katzen nicht über eine Moralvorstellung verfügen, schreibt das Magazin Ein Herz für Tiere. Ein Verständnis von Schuld oder gar das Eingestehen von Fehlern ist für die Vierbeiner demnach schier unmöglich.
Allerdings heißt es: Katzen empfinden Unbehagen und Bedauern, wenn sie etwas „falsch“ gemacht haben. Anhand unserer Mimik, Gestik und des Tonfalls wissen sie ganz genau, wenn sie etwas verbockt haben. Zu den kognitiven Fähigkeiten und den Emotionen der Miezen gibt es bereits spannende Theorien.
Katzen beobachten, verstehen und lernen
Emotionsexperten
Untersuchungen zeigen bereits, dass die Fellnasen in der Lage sind, komplexe Emotionen zu zeigen wie Zufriedenheit, Neugier, Freude und Angst, aber auch Frust und sogar Eifersucht. Besonders spannend: Die Stubentiger orientieren sich an unseren Gefühlen und saugen diese förmlich auf wie ein Schwamm.
Trotz dessen gehen Experten und Expertinnen davon aus, dass Katzen kein schlechtes Gewissen haben können, da sie keine Reue empfinden. Die Verhaltensweisen, die wir Menschen als „Entschuldigung“ interpretieren, haben vermutlich andere Auslöser.
Verhaltenskontrolleure
Aufgrund der unterschiedlichen Emotionen, welche die Vierbeiner spüren und lesen können, sind sie auch in der Lage, ihr Verhalten an verschiedene Situationen anzupassen. Sie wissen, welche Strategie bei Herrchen und Frauchen funktionieren, weil sie uns beobachten, aus vergangenen Erfahrungen lernen und Zusammenhänge schließen können.
Ein schlechtes Gewissen setzt ähnliche kognitive Fähigkeiten voraus. Allerdings glauben Wissenschaftler:innen trotzdem nicht, dass es ausreicht, um bei Katzen ein schlechtes Gewissen auszulösen.
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2 ausgeklügelte Strategien
Dass deine Katze aus einem schlechten Gewissen heraus agiert, ist also eher unwahrscheinlich. Dennoch sind die cleveren Miezen befähigt, auf ihre eigenes Fehlverhalten zu reagieren und einzuordnen, was richtig und was falsch ist. Was wie ein schlechtes Gewissen aussieht, ist vielmehr eine ausgeklügelte Strategie, die sich bewährt hat.
1. Schmusen statt schimpfen
Aus deiner Reaktion auf ihr unerwünschtes Verhalten, schließt sie, dass sie etwas falsch gemacht hat. Kommt sie danach zu dir, ist das kein Schuldeingeständnis, sondern vielmehr ein Schrei nach Aufmerksamkeit und Zuneigung.
Sind wir verärgert, neigen wir dazu, die Stubentiger zu ignorieren. Die sensiblen Samtpfoten merken das und buhlen umso mehr um deine ungeteilte Aufmerksamkeit. Und: Natürlich weiß dein Liebling, dass du nicht lange sauer sein kannst, wenn er auf dich zukommt. Er lernt: Nach dem Meckern wird wieder schnell wieder gekuschelt.
2. Schuldig aus Angst
Hat die Mieze negative Erfahrungen gemacht, könnte sie auch aus Angst „schuldbewusstes Verhalten“ an den Tag legen. Sie nimmt eine geduckte Körperhaltung ein, zieht den Schwanz ein und versteckt sich, weil sie Angst vor der Reaktion ihres Menschen hat und nicht, weil sie sich schuldig fühlt.
Es könnte auch sein, dass sie einfach nur müde und erschöpft ist. Damit es nicht zu Missverständnissen kommt, sollten wir das Verhalten und die Körpersprache der Katze nicht immer interpretieren oder gar vermenschlichen.
Tipp: Beuge Missverständnissen vor und vermenschliche deine Katze nicht. Betrachte ihr Verhalten stets im jeweiligen Kontext ohne voreilige Schlüsse zu ziehen. Die meisten menschlichen Eigenschaften und Gefühle gibt es in der Welt der Miezen nicht.