In Norwegen befindet sich das größte Unterwasser-Restaurant der Welt. Besucher:innen können hier leckeres Essen genießen und gleichzeitig etwas über Ozeane lernen. Ob sich ein Restaurant-Besuch lohnt, erfährst du hier.
Norwegen: Ein trockener Tauchgang
Meeresbiologe Trond Rafoss beobachtet aufmerksam die Welt unter Wasser, die sich vor ihm auftut. Eine Kabeljaufamilie schwimmt vor seinen Augen vorbei, Seetang wiegt sich gleichmäßig in den Wellen, hier und da taucht eine Eiderente nach einer der vielen Miesmuscheln.
Als er ein Schimmern in der Wassermasse sieht, fangen seine Augen an zu glitzern vor Freude. „Das ist das Süßwasser, das sich mit dem Salz vermischt“, sagt er. Von dem Regen, der ins Meer geprasselt ist. Für seine Beobachtungen muss er weder mit Neoprenanzug und Sauerstoffflasche unter Wasser tauchen, noch mit dem Boot auf’s Meer rausfahren.
Stattdessen lässt er seinen Blick durch das elf mal 3,5 Meter große Panoramafenster des Unterwasser-Restaurants „Under“ schweifen. Under ist das erste Unterwasser-Restaurant Europas und das größte Restaurant unter Wasser auf der ganzen Welt.
Under – ein Restaurant umgeben von Meer
Hinter dem Restaurant stehen die Brüder Stig und Gaute Ubostad. Sie haben ein Hotel in Båly geerbt und suchten nach Möglichkeiten, die Region für Besucher:innen attraktiver zu machen. Jahrelang brüteten sie über Ideen, bis sie das Konzept für Under entwickelt hatten, ein Dreiklang aus Meeresbiologie, Architektur und Gastronomie.
Das norwegische Architekturbüro Snøhetta hat die Konzeption und Umsetzung übernommen. Das war kein leichtes Unterfangen: Die Betonröhre wurde an Land gegossen, dann mit Wasser geflutet, ins Meer abgelassen und mit dem Fundament am Meeresboden verbunden. Dann wurde das Wasser wieder abgepumpt, der Körper getrocknet und das Restaurant eingerichtet.
Im März 2019 hat das Restaurant in Norwegen seine Tore das erste Mal für Gäste aus aller Welt geöffnet. Es stürzt an der südnorwegischen Küste unweit des kleinen Dorfs Båly in die Nordsee – zumindest sieht es von außen so aus: Mit einer Steigung von 20 Grad senkt sich ein 2,5 Tonnen schwerer, rechteckiger Block aus Stahlbeton ins Wasser hinab.
Über eine Treppe gelangst du ins Innere
Hinter den Mauern aus Beton führt eine Treppe fünf Meter unter den Meeresspiegel. Dort befindet sich der Speisesaal, in dem bis zu 40 Gäste Platz finden. Insgesamt bietet das Restaurant auf einer Fläche von 600 Quadratmetern und drei Stockwerken Platz für hundert Gäste – bevor es unter die Wasseroberfläche geht, können Besucher:innen noch einen Stop an der Bar einlegen.
Das Interieur ist schlicht gehalten, verwendet wurden Materialien aus der Region. Viel braucht es auch gar nicht, denn das Licht des Meeres, das den Speisesaal in ein Wechselspiel aus Blau- und Türkistönen taucht, sorgt von ganz allein für eine mystische und gleichzeitig gemütliche Atmosphäre.
Während des Dinners können Besucher:innen den Anblick des Meeres genießen, je nach Jahreszeit, Licht- und Wetterlage ändert sich das Schauspiel hinter dem ein Meter dicken Panoramafenster.
Irgendwann soll der Betonblock kein Fremdkörper mehr im Ozean sein, sondern sich als künstliches Riff in die Unterwasserwelt einfügen. Immer mehr Algen, Seegras und Muscheln werden sich an der rauen Oberfläche ansiedeln und als Futter noch mehr Fische vor das Fenster locken.
Das Under ist Restaurant und Forschungszentrum zugleich
Auch Trond ist von Anfang an bei der Planung und Umsetzung des Unterwasser-Restaurants dabei, und auch jetzt noch regelmäßiger Besucher. Denn das Under fungiert auch als Forschungszentrum für Meeresbiologie und Fischverhalten.
In der Betonhülle des Restaurants sind Kameras und Sensoren installiert, über die Trond und andere Meeresbiologen Fische und das Leben unter Wasser beobachten können. „Langfristig wollen wir die Population von Fischen und Meerestieren, ihr Verhalten und die Artenvielfalt dokumentieren“, sagt er.
Der Schutz der Meerestiere liegt ihnen am Herzen
Mit den Daten wollen Trond und sein Forschungsteam Lernwerkzeuge programmieren, die die Populationsdynamik wichtiger Meeresarten regelmäßig überwachen und so neue Möglichkeiten für die Erforschung und den Schutz der Meere schaffen.
Das Unterwasser-Restaurant in Norwegen bietet den Forschenden dafür ein einmaliges Umfeld: „Normalerweise hat man beim Tauchen Zeitmangel und ist nicht in der Lage, alles zu sehen, doch die angenehme Atmosphäre des Restaurants ermöglicht es uns, das Leben im Meer mit anderen Mitteln über einen einmaligen Zeitraum live zu beobachten“, so Trond.
Außerdem gibt er Schulungen für das Personal des Restaurants, damit sie die Gäste während des Essens über die Welt unter Wasser informieren können. Er hofft, dass die Menschen das Restaurant mit einem besseren Verständnis für die Ozeane verlassen und dadurch achtsamer mit den Meeren umgehen.
Im Under wird das Dinner zum Erlebnis
Kulinarische erwartet Gäste im Unterwasser-Restaurant ein 18-Gänge-Menü, kreiert vom dänischen Spitzenkoch Nicolai Ellitsgaard. Für seine Dinner-Kreationen nutzt er ausschließlich Zutaten, die in der Region zu finden sind. Auf den Teller kommen Fisch, Meeresfrüchte, heimisches Geflügel, Pilze und Beeren.
„Mein Team und ich arbeiten eng mit Bauern, Fischern und Jägern vor Ort zusammen, um die frischesten Zutaten zu bekommen. Auf diese Weise kreieren wir geschmackvolle, innovative Gerichte, die die Landschaft widerspiegeln“, sagt Nicolai in einem Interview.
Wenn er die Zeit findet, streift sich Nicolai die Gummistiefel über und macht sich am Strand und im Wasser selbst auf die Suche nach Inspiration für sein Menü, hält Ausschau nach Pflanzen und Meerestieren, die er für seine Küche verwenden könnte.
In Norwegen: Fundstücke werden zu kulinarischen Köstlichkeiten
Immer, wenn er sich nicht sicher ist, was er da vor seinen Augen oder der Nase hat, ruft er Trond an und fragt ihn um Hilfe. Zurück in der Küche führt Nicolai mit seinem Team dann Tests und Experimente durch, um seine Fundstücke, die oft erst einmal ungenießbar sind, in Köstlichkeiten zu verwandeln.
Dabei kommt bei Nicolai auch auf den Teller, was anderswo verschmäht wird. Zum Beispiel Blätter und Moose, die er im Verdampfer schleudert und mit Hühnerbrühe aufkocht, Algen, aus denen ein salziges Dessert wird, Beifang aus der Fischerei oder vermeintlicher Abfall wie die Backen von Seeteufeln.
Rund 230 Euro kostet das Menü. Ein stattlicher Preis, den es sich nach Trond aber zu investieren lohnt: „Es ist ein Abenteuer für die Gäste. Sie erkunden selbst die Natur, weil dies kein Aquarium ist“, sagt er. „Man wird nie enttäuscht sein, die Natur ist nie enttäuschend.“
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