In der Regel ergreifen Mütter alle möglichen Maßnahmen, um ihr Neugeborenes zu schützen. Aus diesem Grund entscheiden sich viele Mütter dafür, während des Stillens komplett auf den Konsum von alkoholischen Getränken zu verzichten. Es gibt jedoch einige, die der Meinung sind, dass der Genuss von Alkohol während des Stillens unbedenklich sei. Sie argumentieren damit, dass der Alkoholgehalt im Blutkreislauf der Mutter nach dem Konsum eines Glases Wein oder Bier so gering sei, dass keine signifikante Menge in der Muttermilch nachgewiesen werden könne. Um herauszufinden, ob diese Behauptung wahr ist und warum dieses Thema so kontrovers diskutiert wird, haben wir eine Expertin auf dem Gebiet der Gynäkologie und Geburtshilfe befragt.
Alkohol beim Stillen: Kann es meinem Baby schaden?
Bei der Frage, ob und wie viel Alkohol während der Stillzeit getrunken werden darf, gehen die Meinungen von Ärzt:innen auseinander. Die einen sprechen sich für ein komplettes Alkoholverbot aus, die anderen sind der Meinung, dass hier und da ein Glas Wein nicht schadet. Aus wissenschaftlicher Sicht kann auch nicht hundertprozentig gesagt werden, was für Auswirkungen der Alkoholkonsum auf das Baby hat.
Doch auch wenn sich die Ärzt:innen beim Thema Stillen und Alkohol nicht immer einig sind, hat eine Studie aus Dänemark im Jahr 2013 herausgefunden, dass es durchaus Punkte gibt, die wissenschaftlich belegt sind. Dazu zählen:
- Die Menge an Alkohol in unserem Blutkreislauf deckt sich mit der in der Milch.
- 30 bis 60 Minuten nach Konsum ist die Konzentration am höchsten.
- Je mehr Alkohol man konsumiert, desto höher ist die Konzentration im Blut und somit auch in der Muttermilch.
- Je nachdem, wie groß du bist und wie viel du wiegst, braucht dein Körper bis zu drei Stunden, um das alkoholische Getränk wieder abzubauen.
Dabei spricht man von einem Getränk mit zehn bis zwölf Gramm reinem Alkohol. Diese Menge findet man zum Beispiel in 0,3 l Bier, 0,125 l Wein, 0,1 l Sekt und 4 cl Schnaps. - Babys bauen Alkohol viel langsamer ab, da ihre Leber noch nicht voll entwickelt ist, genau wie das Gehirn. Daher ist nicht auszuschließen, dass auch geringe Mengen negative Auswirkungen nach sich ziehen könnten.
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Ist Alkohol während der Stillzeit doch nicht bedenklich? Eine Expertin klärt auf
Auf TikTok geht gerade ein Video viral, in dem der Vorwurf laut wird, „stillenden Müttern werden immer nur Verbote ausgesprochen, größtenteils unnötig.“ Dazu gehöre auch Alkohol in der Stillzeit. Wir haben die Aussagen der TikTokerin von der Frauenärztin Dr. Friederike Ebigbo, Partnerärztin bei ZAVA, überprüfen lassen.
So behauptet @nathalie.pulcini, dass die Mutter betrunken sein müsse, damit ein signifikanter Alkoholwert in der Muttermilch aufzuweisen sei. Ist das richtig? „Der Begriff ‚betrunken‘ ist hier nicht klar genug und daher irreführend“, so die Gynäkologin. „Wir wissen, dass in der Muttermilch ähnliche Alkoholspiegel wie im Blut der Mutter bestehen. Genauso wird der Alkohol aber auch in der Muttermilch wieder abgebaut. Wie schnell das geht, hängt von der Höhe des Spiegels ab.“
Wie hoch der Alkoholspiegel ist, ist u. a. vom Essverhalten der Mutter abhängig. Nach einer üppigen Mahlzeit führt ein Glas Sekt à 100 Milliliter kaum zu einer Erhöhung des Alkoholspiegels im Blut. Ganz anders sieht es natürlich aus, wenn vor dem Getränk nichts gegessen wurde oder mehr getrunken wird.
Die TikTokerin behauptet außerdem, die Empfehlung, während des Stillens keinen Alkohol zu trinken, sei „eine weitere Möglichkeit, stillenden Müttern das Leben schwer zu machen“. Dr. Ebigbo kann diesen Vorwurf nicht nachvollziehen. Sie erklärt: „Aufgrund der Datenlage ist eine sichere Alkoholdosis für Schwangere oder Stillende einfach nicht bekannt. Daher ist die einzige sichere Empfehlung, die ausgesprochen werden kann, vollständig auf Alkohol zu verzichten.“
Diese Auswirkungen hat Alkohol beim Stillen
Wie die Frauenärztin erklärt, sei „bei einem gelegentlichen maßvollen Konsum in der Stillzeit nicht mit Verhaltensauffälligkeiten und kognitiven Störungen beim Kind auszugehen.“
Dennoch dürfe nicht vergessen werden, dass laut der Initiative „Verantwortung von Anfang an“ jedes Jahr in Deutschland rund 2000 Kinder mit schweren Schädigungen durch den Alkoholkonsum der Mutter zur Welt kommen. „Es gibt diese klaren, einfachen und eindeutigen Empfehlungen, um hoffentlich klarzumachen, dass Alkohol ein Zellgift ist“, so Dr. Ebigbo.