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Beziehung ohne Sex: Expertin erklärt, warum im Bett tote Hose herrscht – und wie wieder Schwung reinkommt!

Eine Beziehung kommt auch mal ohne Sex aus, aber auf Dauer ist das ein Problem. Das meint auch Paar-Therapeutin Beatrice Poschenrieder. Im Interview erzählt sie die Gründe für die Flaute im Bett und gibt Tipps, wie wieder Schwung ins Liebesleben kommt.

Eine Beziehung ohne Sex? Für viele überhaupt keine Option.

Am Anfang wird oft ein wahres Feuerwerk der Lust entfacht. Doch mit den Jahren lodert die Flamme zwar noch, ist aber deutlich kleiner geworden. Manche Paare aber leben in einem Extrem: In der Beziehung ohne Sex.

Das klingt erst einmal nach einer absoluten Ausnahme, doch die Zahlen belegen etwas anderes. Laut einer Umfrage des Gewis-Instituts ist in Deutschland jedes achte Paar zwischen 20 und 60 Jahren auch ohne Sex mit dem Partner oder der Partnerin glücklich – und das obwohl seit mindestens zwei Jahren nichts mehr gelaufen ist. Allerdings zeigt eine andere Studie des Partnerportals Lovepoint unter 1200 Befragten wiederum, dass jede dritte Frau und jeder vierte Mann sich bei dauerhaftem Sexentzug von  ihrem Partner oder ihrer Partnerin trennen würde.

Beziehung ohne Sex ist für die meisten nicht hinnehmbar

Eine Beziehung ohne Sex scheint also für die meisten kein hinnehmbarer Status zu sein. Verständlich, immerhin ist Sex doch die schönste Nebensache der Welt. Also haben wir bei der Paar-Therapeutin Beatrice Poschenrieder nachgefragt, wie häufig denn nun wirklich eine „sexlose“ Partnerschaft ist.

Besonders in der letzten Zeit wird ihre Sexberatung im Internet und die Therapie via Telefon rege genutzt. Zudem ist sie Autorin mehrerer Bücher, unter anderem „Sexbewusstsein – So finden Sie erotische Erfüllung“ und „Stöhnst du noch oder kommst du schon? Der sichere Weg zum Orgasmus“.

Sie erklärt im Interview, was zu einer Beziehung ohne Sex führt und wie man das Feuer wieder zum Lodern bringt.

Je höher das Alter, je länger zusammen, je höher der (gefühlte) Stress, desto weniger Sex.

Beatrice Poschenrieder, Paar-Therapeutin

wmn: Kommt es häufig vor, dass Paare keinen Sex mehr haben?

Beatrice Poschenrieder: Jein. Das hängt stark vom Alter ab, von der Länge der Paarbeziehung und von der aktuellen Lebenssituation. Grob kann man sagen: Je höher das Alter, je länger zusammen, je höher der (gefühlte) Stress, desto weniger Sex.

Zum Beispiel haben sehr viele Paare über 60, die zudem mehr als 25 Jahre zusammen sind, gar keinen Sex mehr. Auch ziemlich viele Paare, die erst um die 40 sind, aber schon 15 oder 20 Jahre zusammen sind, haben keinen mehr, oder fast keinen. Und natürlich Paare, die sich grade in einer Lebensphase befinden, wo ihr Leben auf dem Kopf gestellt wird, z.B. Schwangerschaft, Geburt eines Kindes, schwere oder sexbehindernde Erkrankung, Hausbau, Umzug in eine andere Stadt, Umschulung neben der Vollzeitstelle etc.

Ich schätze, dass fast jedes Paar, das länger zusammen ist und Kinder hat, mindestens eine Phase erlebt hat, wo es monatelang keinen Sex gab, und dass 15 – 20 Prozent der Paare keinen oder fast keinen Sex mehr haben. Mit „fast keinen“ meine ich: Nur ein bis drei Mal im Jahr.

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Nicht immer ist Sex in der Beziehung befriedigend und erfüllend. Foto: IMAGO / Westend61

Kleine Kinder & Stress sind die häufigsten Gründe für die Sex-Flaute

Welche Gründe führen Sie noch für eine Beziehung ohne Sex an?

Es gibt unzählige – sie alle zu nennen, würde den Rahmen sprengen. Ein Baby oder kleine Kinder zu haben, gehört aber definitiv zu den häufigsten, gefolgt von Stress (mit den Kindern, im Beruf, mit Angehörigen, mit dem Geld o.a.). Platz 3: Zeitnot (geht natürlich oft Hand in Hand mit Stress und dem Spagat zwischen Arbeit, Kindern und /oder weiteren Aufgaben). Platz 4: Keine Lust mehr auf Sex mit dem Partner oder der Partnerin. Da sind die anderen Gründe ja gern auch Vorwände, um diese lästige Sache zu vermeiden. Platz 5: Körperliche und psychische Leiden. Es gibt selten nur EINEN Grund, fast immer greifen mehrere ineinander.

Frauen sind störanfälliger in ihrer Lust.

Beatrice Poschenrieder, Paar-Therapeutin

Gibt es da Unterschiede bei Männern und Frauen?

Ja. Frauen sind störanfälliger in ihrer Lust. Während viele Männer, vor allem in jüngeren Jahren (so bis ca. 45 Jahre), sich oft weder von einem quengelnden Kind noch von Stress, Zeitnot oder einem schmerzenden Körperteil vom Sex abhalten lassen, ist da bei Frauen schnell der Ofen aus.

Am Beispiel dieser Männer kann man sehen, dass Grund 1, 2, 3 und 5 nicht zwangsläufig zu einer Sexflaute führen müssen. Und es gibt auch Frauen, für die das kein Anlass ist. Aber das sind entweder Frauen mit einer kräftigen Libido, oder solche, wo die sexuelle Chemie mit dem Partner sehr gut ist.

Wie die Libido gesteigert werden kann, erfährst du auch im Video!


Wer in einer Ehe lebt, hat wahrscheinlich weniger Sex

Steigt die Wahrscheinlichkeit für eine Beziehung ohne Sex, wenn man in einer Ehe lebt?

(Lacht) Leider ja! Das liegt aber unter anderem auch hieran: Je länger man zusammen ist, desto wahrscheinlicher ist man verheiratet. Ehepaare sind im Durchschnitt deutlich länger zusammen als unverheiratete Paare; und wie ich vorhin schon sagte: Je länger zusammen, desto weniger Sex. Hinzu kommt eine sexualpsychologische Sache. Erotik und Begehren speisen sich stark aus dem Fremden, Unerreichbaren, Unberechenbaren.

Ein Ehepartner oder eine Ehepartnerin, die man in- und auswendig kennt, hat diese Eigenschaften halt nicht. Routine, Fest-Haben und Berechenbarkeit stillen zwar unser Bedürfnis nach Sicherheit, aber sie sind der Lust nicht zuträglich. Das gilt aber wiederum nur für die Paare, die diese Art von Lust und Erotik brauchen, um Sex zu wollen. Zu der anderen Sorte Paare komme ich noch.

Oft unterscheidet sich ja auch die Definition von „Kein Sex“. Heißt das tatsächlich null nada niente Sex oder ist das eher ein Gefühl, dass tote Hose herrscht?

(Lacht nochmal) Beides! Manche haben tatsächlich teils über 10 oder 15 Jahre NULL Sex (nicht mal Petting), manche haben ein bis drei Mal im Jahr etwas, das ich „Pflichtsex“ nenne. Der ist so öde, dass er für viele gar nicht zählt.

Wie „normal“ ist eine Beziehung ohne Sex?

Wie „normal“ ist es denn, auch über einen längeren Zeitabschnitt keinen Sex zu haben? Und wie viel oder wenig Sex ist überhaupt normal?

Wie ich schon bei der ersten Frage erwähnte, gibt es Phasen oder Lebenssituationen, wo es eine Art Übereinkunft bei dem Paar gibt, dass Sex jetzt erst mal hinten ansteht. Wenn man weiß, dass das vorübergehend ist, ist das für die meisten auch auszuhalten. Problematisch wird es erst, wenn einer der beiden mit der Sexlosigkeit sehr hadert oder wenn die Phase längst vorbei ist, aber einer von beiden immer noch Intimität meidet.

Manchmal ist der beste Tipp: Es einfach tun.

Beatrice Poschenrieder, Paar-Therapeurtin

Was raten Sie Paaren, die lange keinen Sex mehr hatten? Was können sie tun?

Manchmal ist der beste Tipp: Es einfach tun. Wenn man lange keinen Sex hatte, kriegt das für viele sowas Schweres, so als ob man was ganz Schwieriges oder Unangenehmes vor sich hat. Man muss sich klar machen: Es ist doch nur Sex!

Allerdings wenn für einen von beiden der Sex mit genau diesem Partner tatsächlich unangenehm ist und eine heftige innere Abwehr entsteht bis hin zum Ekel, dann muss man sich das genau anschauen, gegebenenfalls mit fachlicher Hilfe. Ein anderer Tipp wäre: Was genau braucht der- oder die „Sexvermeider:in, damit er oder sie doch mal wieder will? Und kann der oder die andere das erfüllen? Wenn nein, warum nicht? Auch hier geht es oft nur mit fachlicher Hilfe.

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Es muss nicht immer die heißeste Nummer sein. Es hilft manchmal, den Druck rauszunehmen. Foto: Lightfield Studios/ Shutterstock Foto: Lightfield Studios/ Shutterstock

Ist es denn immer gleich ein Alarmzeichen, wenn Paare keinen Sex haben?

Kommt immer drauf an, wie lang. Ein Jahr lang, obwohl kein wirklich triftiger Grund vorliegt, wie zum Beispiel schwierige Schwangerschaft und starker Dammriss bei der Geburt –das ist schon ein bisschen alarmierend.

Sex muss nicht immer eine leidenschaftliche Explosion der Lust sein


Wäre eine „sexlose“ Beziehung aus ihrer Sicht überhaupt denkbar?

Ja, wenn beide das wollen und man das klar und partnerschaftlich vereinbart hat. Allerdings muss dann auch besprochen werden, ob Fremdgehen erlaubt ist. Das ist nämlich das größte Risiko bei einer Paarbeziehung ohne Sex: Dass einer von beiden irgendwann ein starkes Begehren für eine externe Person entwickelt.

Um wieder Sex miteinander zu haben, hilft es oft, sich klar zu machen, dass Sex erstens nicht immer eine leidenschaftliche Explosion der Lust sein muss, sondern dass er auch einfach nur der körperliche Ausdruck der Liebe zueinander sein kann.

Beatrice Poschenrieder, Paar-Therapeutin

Wie lässt sich eine Beziehung ohne Sex langfristig in eine umwandeln, in der beide mit dem Liebesleben zufrieden sind?

Wie vorhin gesagt: Es einfach tun. Um wieder Sex miteinander zu haben, hilft es oft, sich klar zu machen, dass Sex nicht immer eine leidenschaftliche Explosion der Lust sein muss. Mein Buch „Sex für Faule und Gestresste“ erklärt das genau. Sondern dass er auch einfach nur der körperliche Ausdruck der Liebe zueinander sein kann – eine ganz enge, intime Verbindung herstellen und fühlen. Bei manchen Paaren ist es aber nicht machbar, das Sexleben zu retten, zum Beispiel wenn die Vorstellung von gutem Sex zu weit auseinandergeht.

Mehr Infos und Tipps von Beatrice Poschenrieder gibt es auf ihrer Website frag-beatrice.de. Ihr Buch Sex für Faule und Gestresste. So holen Sie mehr aus Ihrem Liebesleben – mit weniger Aufwand“ gibt es hier! ?

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