Eine stationäre Psychotherapie in einer psychosomatischen Klinik wird oft mit einer Psychiatrie in Verbindung gebracht und als „Irrenanstalt“ betitelt. Irre ist jedoch nur die Behauptung selbst, denn in einer psychosomatischen Klinik geht es um deine geistige und körperliche Gesundheit. In einer stationären Therapie hast du die Chance, dich auf dich selbst zu konzentrieren und um dich selbst zu kümmern.
Triggerwarning: In diesem Artikel werden Themen wie Suizid und psychische Krankheiten behandelt. Wenn du Hilfe brauchst, dann wende dich bitte an eine Vertrauensperson oder die Telefon-Seelsorge. Diese ist jederzeit erreichbar und kann dir auch anonym helfen: 0800 1110111.
Unsere Autorin Anna Chiara setzt sich ehrenamtlich als Erfahrungsexpertin für die Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen ein und klärt über Themen rund um mentale Gesundheit und Resilienz auf.
10 Gründe, eine stationäre psychosomatische Therapie zu beginnen
Wer in einer psychischen Krise steckt, fragt sich womöglich: Was muss passieren, damit ich mich in eine Klinik einweisen lassen kann? Tatsächlich reicht schon einer dieser 10 Gründe aus, sich in einen stationäre Psychotherapie zu begeben. Allerdings ist nicht die Anzahl der Gründe entscheidend, schreibt Dipl. Psychologin Tatjana Heidemann auf ihrer Webseite. Der entscheidende Faktor ist: Wie sehr beeinträchtigt dein psychischer Zustand deine Lebensqualität? Anhand der folgenden Begebenheiten kannst du deine eigene Situation einschätzen.
1. Trotz Arztbesuchen geht es dir nicht besser
Wenn es dir seit längerer Zeit nicht gut geht, du dich körperlich und geistig sehr ausgelastet fühlst, doch es trotz zahlreicher Arztbesuche nicht besser wird, solltest du über eine stationäre Psychotherapie nachdenken. Besonders dann, wenn dir bisher kein Arzt oder keine Ärztin sagen konnte, was genau dir fehlt.
2. Du hast psychosomatische Beschwerden
Wer unter einer psychischen Krankheit leidet, der weiß, wie sehr sich unsere geistige Gesundheit auf den Körper auswirken kann. Auch wenn die Angst oder die Depression „nur im Kopf“ stattfindet, bleiben körperliche Symptome wie Herzrasen, Migräne, Verspannungen oder Magen-Darm-Probleme nicht aus. Diese können dein alltägliches Leben so sehr einschränken, dass eine stationäre Psychotherapie in den Fokus rückt.
3. Deine Lebensqualität nimmt ab
Manchmal fühlt sich das Leben an, als würden wir in einer Sackgasse feststecken, aus der wir einfach nicht herauskommen. Psychische Erkrankungen wie Ängste oder Depressionen können dazu führen, dass du jeden Tag lebst, wie in einem Hamsterrad. Die selben Abläufe, die gleichen Muster – Tag für Tag ein Automatismus. Die Folge: Deine Lebensqualität nimmt ab und du fragst dich, wann du zuletzt eigentlich wirklich glücklich warst. Ein Ausweg aus der Sackgasse ist eine stationäre Psychotherapie.
4. Fehlzeiten auf der Arbeit
Schon wieder eine Krankmeldung… obwohl dein Arzt oder deine Ärztin dich wochenlang krankschreibt, kannst du dich nicht regenerieren. Du kommst zu spät, verpasst die Meetings und deine To-Do Liste wird immer länger? Ein Zustand, der für beide Seiten sehr belastend ist. Denke immer daran: Gesundheit geht vor. Überlege dir, ob es für dich eine Möglichkeit wäre, dich in eine stationäre Psychotherapie zu begeben, damit es dir bald besser geht.
5. Ambulante Psychotherapie schlägt nicht an
Befindest du dich aktuell in einer ambulanten Psychotherapie, nimmst vielleicht sogar Medikamente wie Antidepressiva, doch dir geht es weiterhin schlecht? Wenn deine Beschwerden noch immer so extrem sind, dass sie dich in deinem alltäglichen Leben einschränken, solltest du eine stationäre Psychotherapie als nächsten Schritt in Erwägung ziehen.
Hast du Bedenken bezüglich einer stationären Therapie? Sprich mit deiner behandelnden Psychologin oder deinem Psychologe über deine Sorgen. Möglicherweise würde sie oder er dir aufgrund deiner Diagnose sogar einen Klinikaufenthalt empfehlen.
6. Du findest keinen ambulanten Therapieplatz
Leider kann es auch sein, dass du erst gar keinen Therapieplatz in deiner Umgebung findest. Die Wartezeit für eine ambulante Psychotherapie ist akutuell bei 3-9 Monaten. Du brauchst jedoch jetzt sofort dringend professionelle Hilfe? Einen Platz in einer Tagesklinik oder in einer psychosomatischen Klinik bekommst du höchstwahrscheinlich schneller.
7. Jeder Tag ist eine Herausforderung
Ganz klar – auch für vollkommen gesunde Menschen stellt der Alltag manchmal eine Herausforderung dar. Doch wenn alltägliche Aufgaben, soziale Kontakte und Verpflichtungen dir Panik bereiten und deine letzten Ressourcen aufbrauchen, solltest du hellhörig werden. Das abendliche Kochen oder Putzen sollte dich für gewöhnlich nicht an deine Grenzen bringen.
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8. Deine Probleme befinden sich Zuhause
Eine örtliche Trennung kann Betroffenen bei der Bewältigung ihrer Probleme helfen, besonders wenn sich die Probleme im privaten oder beruflichen Umfeld befinden. Zuhause, in der Familie oder auf der Arbeit haben wir oft das Gefühl, funktionieren zu müssen und lassen nicht zu, dass wir runter kommen. In einer stationären Psychotherapie hast du Zeit, dich nur auf dich selbst und deine Genesung zu fokussieren.
Erlebst du physische oder psychische Gewalt, bist mit einem Narzissten zusammen oder wirst emotional erpresst? Dann ist dein Umfeld möglicherweise toxisch für dich. In diesem Fall solltest du unbedingt Abstand gewinnen und dich rausziehen.
9. Du fühlst dich allein und einsam
In den Momenten, in denen das Leben plötzlich schwer wird, wenden sich Menschen leider oft voneinander ab. Freundschaften und Beziehungen gehen kaputt und die Familie wird plötzlich fremd. Wenn du dich allein und einsam fühlst oder niemanden hast, dem du dich anvertrauen kannst, kann eine stationäre Psychotherapie sinnvoll für dich sein. So lernst du andere Personen kennen, die dich verstehen und mit denen du dich austauschen kannst.
10. Suizidale Gedanken plagen dich
Ist die Stimmung bedrückt, wirkt alles irgendwie sinnlos und es scheint kein Ausweg in Sicht. Gedanken wie „Ich kann nicht mehr.“ oder „Ich will nicht mehr.“ schießen dir immer wieder durch den Kopf. Bemerkst du, dass du immer antriebsloser und kraftloser wirst, auch an den Tod denkst oder sogar konkrete Selbstmordvorstellungen hast, besteht Selbstgefährdung. Nimm deine letzten Kräfte zusammen und lasse dich in einer stationären Psychotherapie ärztlich überwachen und behandeln, um dich selbst zu schützen.
Stationäre Psychotherapie: Wie geht es jetzt weiter?
Eine stationäre Psychotherapie wird dann in Betracht gezogen, wenn die ambulanten Maßnahmen ausgeschöpft sind. Allgemein ist es so, dass eine ambulante Therapie erst einmal Vorrang hat. Nur durch Fachpersonal kann eine professionelle Diagnose und eine Einweisung in eine psychosomatische Klinik erfolgen. Das heißt aber nicht, dass du dich zuerst ambulant therapieren lassen musst, bevor du stationär aufgenommen wirst. Du kannst dich auch direkt in einer Klinik behandeln lassen.