Mitten in der atemberaubenden Berglandschaft Südtirols liegt ein Lost Place, der so mystisch wie tragisch ist: der versunkene Kirchturm von Graun im Reschensee. Er ist das letzte sichtbare Relikt eines Dorfes, das vor Jahrzehnten buchstäblich unterging – ein Ort voller Geschichten, Mythen und verlorener Schicksale. Wir haben dir spannendsten Facts für dich!
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Lost Places: Die tragische Geschichte des Dorfes
Eigentlich sah man von dem Dorf Graun im Vinschgau (italienisch Curon Venosta), lediglich eine Kirchturmspitze aus dem Wasser ragen. Im Jahr 2021 wurde jedoch zum ersten Mal seit 71 Jahren das gesamte Wasser aus dem See abgelassen und Teile des versunkenen Dorfes wurden sichtbar. Zum Vorschein kamen alte Mauerreste, Treppen und Keller.
Grund für die Maßnahme waren Reparaturarbeiten am Kanal des Stausees, der vom Staudamm wegführt, in Richtung eins Kraftwerks. Anschließend wurde das Wasser wieder aufgestaut. Doch warum ist die Stadt überhaupt untergegangen?
In den 1950er-Jahren wurde das Dorf Graun am Reschenpass Opfer eines ehrgeizigen Infrastrukturprojekts. Um die Energieversorgung der Region zu sichern, plante man einen Stausee, der mehrere kleine Orte überfluten sollte.
Trotz des Protestes der Bewohner:innen wurde das Vorhaben umgesetzt. Rund 150 Familien mussten ihre Heimat aufgeben, während Graun mit seinen historischen Gebäuden und Bauernhöfen in den Fluten verschwand.
Das „Grauen von Graun“
Ursprünglich rechneten die Bewohner:innen damit, dass der See durch die Stauung nur um fünf Meter ansteigen würde. Am Ende stieg das Wasser jedoch um 22 Meter, was den Untergang des Dorfes bedeutete. Fast über Nacht versanken 523 Hektar Land und 181 Häuser. Das Drama ging als das „Grauen von Graun“ in die Geschichte ein!
Der ikonische Kirchturm aus dem 14. Jahrhundert blieb als stiller Zeuge der Vergangenheit stehen. Heute ragt er aus dem smaragdgrünen Wasser des Reschensees und erzählt von einem Dorf, das einst voller Leben war. Im Winter, wenn der See zugefroren ist, kann man den Turm sogar zu Fuß erreichen – ein gespenstischer, aber faszinierender Anblick.
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Mythen und Geschichten
Der versunkene Kirchturm hat sich über die Jahre zu einem Symbol entwickelt und zieht Besucher:innen aus der ganzen Welt an. Entsprechend viele Mythen und Legenden ranken sich inzwischen um den See.
So heißt es, dass man an windigen Tagen die Glocken des Turms läuten hören könnte – obwohl diese längst entfernt wurden. Doch Legenden wie diese verstärken die mystische Aura des Ortes und machen ihn zu einem beliebten Ziel für Fotograf:innen und Geschichtsinteressierte.
Wer mit all diesen Mythen nicht viel anfangen kann, kommt am Reschensee trotzdem auf seine Kosten. Vor allem in den Sommermonaten lockt er mit Wassersportmöglichkeiten wie Kitesurfen und Segeln. Wanderer und Radfahrer schätzen die Umgebung für ihre Panoramablicke auf die Berge.
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Lost Places: Die beste Reisezeit ist im Frühjahr
Der Reschensee und der Kirchturm von Graun sind mehr als ein Fotomotiv. Sie stehen für den Verlust von Heimat, für den Konflikt zwischen Fortschritt und Tradition und für die Widerstandskraft der Natur, die ein Stück Geschichte bewahrt hat. Für alle, die den See besuchen wollen, ist es wichtig zu wissen, dass der Turm je nach Jahreszeit mehr oder weniger zu sehen ist. Im April und Mai ist der Wasserstand eher niedrig, sodass der Kirchturm fast vollständig aus dem Wasser ragt.
Hinweis: Lost Places haben eine besondere Anziehungskraft, bergen aber erhebliche Gefahren. Einstürzende Decken, brüchige Böden und scharfe Gegenstände sind keine Seltenheit. Daher: Besichtige diese Orte niemals ohne Genehmigung oder außerhalb geführter Touren – und halte dich an die Regeln: Nichts mitnehmen, keinen Müll hinterlassen, Brandgefahr vermeiden. Wichtig: Respektiere den Lost Place und bewahre seinen Charme für zukünftige Generationen. Beachte, dass unerlaubtes Betreten strafrechtliche Folgen haben kann.